Guerilleros lassen in Lima sieben Geiseln frei

■ Erzkonservativer Bischof von Opus Dei fungiert als heimlicher Vermittler

Lima (taz) – Als der Bischof in Ayacucho, Juan Luis Cipriani Thorne, am Mittwoch die Residenz des japanischen Botschafters betrat, hatte er zwei Gitarren dabei, damit die Geiseln beim Singen von einem Instrument begleitet werden können. Als Cipriani sechs Stunden später die Residenz verließ, brachte er wieder etwas mit: sieben Geiseln. Die Mehrheit davon japanische Geschäftsmänner, aber auch der Direktor der Kommission für die Privatisierung der Staatsbetriebe, Alfredo Assareto, war darunter. Damit bleiben noch 64 Geiseln in der Hand der Bewegung Tupac Amaru (MRTA).

Cipriani ist zu einem Dauergast in der Residenz geworden. Fast jeden Tag hält er eine Messe für die Geiseln ab. Zwar bestreitet er, im Auftrag der Regierung mit der MRTA zu verhandeln. Doch als Seelsorger wäre er überflüssig, da schon ein Priester unter den Geiseln ist. Prominente und moderatere Kirchenmänner, die als mögliche Vermittler im Gespräch waren, verschwanden, als Cipriani die Bühne betrat. Für die Rolle des heimlichen Vermittlers, der die Interessen der Regierung vertritt, hätte Präsident Alberto Fujimori keinen besseren finden können. Warum aber die MRTA Cipriani als Verhandlungspartner akzeptiert, bleibt im dunkeln.

In seiner Heimatprovinz Ayacucho wird Cipriani auch „der antisubversive Bischof“ genannt. Er war in die Strategie der Aufstandsbekämpfung der Regierung mit eingebunden. Cipriani repräsentiert den ultrakonservativen Flügel des Opus Dei. Er ist dafür bekannt, daß er es mit den Menschenrechten nicht so genau nimmt.

Erst kürzlich klatschte Cipriani laut Beifall, als die Regierung eine Amnestie der Colina-Gruppe durchdrückte. Die paramilitärische Organisation hatte neun Studenten und einen Professor der Universität von La Cantuta ermordet. Im vergangenen Jahr gab er seinen Standpunkt zur sozialen Situation in Peru zu Protokoll: Die hohe Arbeitslosenrate sei dadurch zu erklären, daß die „Peruaner faul sind und sich keine Arbeit suchen“. Seit einiger Zeit macht sich Cipriani öfter auf den Weg nach Lima. Möglich ist, daß er im kommenden Jahr die Stelle des Kardinals haben will, wenn der bisherige Amtsinhaber Augusto Vargas Alzamora aus Altersgründen das Zepter weiterreicht. Warum Cipriani sieben Geiseln mitnehmen durfte, ist unklar. Vielleicht handelt es sich um eine Taktik der MRTA. Unterdessen beteuerten die peruanischen Behörden, die am Dienstag abgehaltene Pressekonferenz der MRTA sei ein Unfall gewesen. Ingo Malcher