„Zum Verbrecher gestempelt“

■ Abschiebehäftling von sieben SEK-Beamten zur Trauerfeier eskortiert / Illegal zur Familie nach Bremen zurückgekehrt

Ein Schwerverbrecher dürfte schwerlich mehr polizeiliche Aufmerksamkeit bekommen, als sie gestern der Kosovo-Albaner Altin B. (Name geändert) erhielt: Der Mann war zur Beerdigung seines ältesten Sohnes von sieben Beamten eines Sondereinsatzkommandos aus der Abschiebehaft zum Osterholzer Friedhof eskortiert worden. Darüber sind MitarbeiterInnen der Asylgruppe Ostertor und sogar Beamte des Polizeigewahrsams der Oslebshauser Abschiebehaft gleichermaßen entsetzt. „Damit wird der Mann zum Verbrecher abgestempelt.“ Der 48jährige Vater von drei Kindern, die alle in Bremen leben, habe jedoch nichts verbrochen, außer nach seiner Abschiebung vor einem Jahr illegal zu seiner Familie zurückzukehren.

Zwar ist bekannt, daß Altin B. nach einem Messerangriff auf einen Nebenbuhler wegen versuchten Totschlags verurteilt worden war. Doch die zweieinhalbjährige Strafhaft ist abgesessen, Altin B. war im Anschluß daran sogar nach Belgrad abgeschoben worden – obwohl auch sein jetzt im Dezember tödlich verunglückter Sohn aus erster Ehe damals noch in Bremen lebte. Ebenso die jetzige, zweite Ehefrau mit den drei gemeinsamen Kindern. In deren Wohnung nahm ein bewaffnetes Sondereinsatzkommando Altin B. im September fest. „Mein Mandant hat keine Gegenwehr geleistet“, sagt dessen Anwalt, Hans Meyer-Mews.

Seit vier Monaten sitzt Altin B. erneut in Bremer Abschiebehaft. In Haft saß der Kosovo-Albaner auch zuvor. Direkt nach der Abschiebung nach Belgrad sei er ins Gefängnis gebracht worden, berichtet er. Erst im September sei die Flucht gelungen; zurück zur Familie nach Deutschland. Wie es dort zur Verhaftung kam, ist unklar. „Das Ehepaar lebt nicht in Scheidung“, reagiert B.'s Anwalt auf eine Einschätzung der Polizei, daß es „große Probleme zwischen B. und seiner Ehefrau“ gegeben habe. Es liege auch keine Anzeige vor. Überhaupt hätte B., der seit 1969 in Deutschland lebt, nie auf Dauer abgeschoben werden – wegen der Kinder in Bremen. Daß ihm jetzt erneut die Abschiebung zurück in Belgrader Haft drohen soll, verstoße gegen das Ausländergesetz, meint Meyer Mews. „Unter solchen Umständen kann B. doch sein Recht auf Wiederkehr kaum wahrnehmen.“

Ausländeramt und Polizei sehen das alles anders: „Herr B. gilt als gewalttätig. Er ist bereits wegen eines Tötungsdeliktes in Erscheinung getreten“, begründet ein Polizeisprecher das siebenköpfige Sicherheitsaufgebot bei der Beerdigung des 18jährigen Sohnes von B. Außerdem habe Fluchtgefahr bestanden.

Flüchtlingsgruppe und Beamte im Polizeigewahrsam wundern sich über diese Darstellung: „Bis zum Tod seines Sohnes galt Herr B. als ganz normaler Abschiebehäftling. Von Gefährlichkeit war nie die Rede.“ – Und davon sei bei den persönlichen Begegnungen auch nie etwas zu spüren gewesen. ede

ede