Am Einschlafen

■ Fast ohne Resonanz: 11. Internationales Korfball-Turnier Von Matthias Greulich

Die beiden Korfballerinnen stehen einträchtig nebeneinander. Sie plauschen ein wenig. Aus dem Hallenlautsprecher hört man leise „War is Over“ von John Lennon. Doch sobald ein Ball in die eben noch beschäftigungslose Hälfte geflogen kommt, ist es plötzlich mit dem sportlichen Nichtangriffspakt vorbei. Unter dem Korb, der aussieht wie ein überdimensionaler Serviettenring aus Korbgeflecht, entsteht ein Gewusel. Arme recken sich in die Höhe.

Dem unbeteiligten Betrachter beim elften Internationalen Hamburger Korfball-Turnier erscheint das Treiben erst einmal verwirrend. Ein Blick auf das Regelwerk schafft Klarheit: Jedes Team setzt sich aus vier Spielerinnen und vier männlichen Pendants zusammen. Die Aufstellung besteht aus vier AngreiferInnen und der gleichen Anzahl VerteidigerInnen, die jeweils in ihrer Spielhälfte bleiben müssen. Noch wichtiger: Eine Spielerin spielt nur gegen eine gegnerische Kontrahentin. Selbige egalitäre Regel gilt auch für die männlichen Akteure.

Im Vergleich zum Basketball ist „das Zusammenspiel viel stärker“, erklärt Reinhard Lekebusch, beim Verband für Turnen und Freizeit für Korfball zuständig, denn nach spätestens zwei Schritten mit dem Lederball muß abgespielt werden.

Bei der diesjährigen Auflage der Veranstaltung im Sportzentrum Angerstraße war mit „Hebbes“ von der Uni Utrecht auch ein Kollektiv aus den Niederlanden, dem Mutterland der Ballsportart, mit von der Partie. „Dort ist Korfball eine Familiensportart mit 50 000 Aktiven“, weiß Lekebusch.

Verhältnisse, von denen die KorfballerInnen in Hamburg nur träumen können: Gerade noch 30 KorbwerferInnen sind Grün-Weiß Eimsbüttel verblieben. Die Aktivitäten beim Harburger TB und Sportspaß „sind eingeschlafen“, stellt der in Eimsbüttel spielende Lekebusch fest. Auch der Uni-Breitensport, in den Jahren zuvor steter Garant für Neueinsteiger, hat Korfball aus seinem Programm genommen.

Entwicklungshilfe kommt jetzt vom westlichen Nachbarn. Der Niederländische Korfball-Verband unterstützt in ganz Deutschland Lehrerfortbildungen, um das Spiel in die Schulen zu bringen. Dafür eignet sich der Sport tatsächlich hervorragend. Denn anders als bei anderen Ballsportarten können Mädchen und Jungen Korfball regelbedingt gleichberechtigt spielen.

Der Grund für das niederländische Engagement in der Korfball-Diaspora: Der Familiensport soll olympisch werden. Immerhin tauchten bei der letzten Weltmeisterschaft neben den üblichen ersten beiden Nationen Holland und Belgien plötzlich starke Teams aus Polen, Portugal, Taiwan und Australien auf der Bildfläche auf.

Bis sich aus dem Schulsport so etwas wie eine Korfball-Jugendarbeit entwickeln wird, werden die KorbwerferInnen in Hamburg weiterhin zu Turnieren nach Holland reisen müssen, um regelmäßig gegen andere Klubs zu spielen. Eine Saison lang nahm Grün-Weiß Eimsbüttel sogar am niederländischen Ligabetrieb teil. „Doch“, so Lekebusch, „die Fahrerei war einfach zu aufwendig.“

Um so mehr freuen sich die wenigen Korfball-Enthusiasten, alljährlich ein Turnier vor der Haustür ausrichten zu können. Am ballsichersten waren diesmal – natürlich – „Hebbes“ aus Utrecht, die im Finale gegen die erste Mannschaft von Grün-Weiß Eimsbüttel siegten. Auf den Plätzen landeten TV Ensen-Westhoven (Köln), Elbeiche Dresden, Eimsbüttel II und Aarhus (Dänemark).