„Nichts vorschreiben lassen“

■ PDS-Bundesvorsitzender Lothar Bisky über den Beschluß, nicht an der Luxemburg-Liebknecht-Demo in Berlin teilnehmen zu wollen

taz: Herr Bisky, warum nimmt Ihre Partei am kommenden Wochenende nicht an der Liebknecht- Luxemburg-Demonstration teil?

Lothar Bisky: Die PDS ruft zur Ehrung von Karl und Rosa auf. Wir bevorzugen aber die friedliche Art der individuellen Ehrung und des Gedenkens. Das ist eine Form, die wir seit 1990 praktizieren. Dazu wird auch diesmal aufgerufen.

Seitens Linksradikaler heißt es, daß die PDS kneift, um sich nicht mehr mit dem Staat anzulegen.

Das ist purer Unsinn. Uns geht es bei dieser Demo natürlich auch darum, ein Zeichen zu setzen gegen die Politik des Sozialabbaus. Aber wir führen diese Ehrung so durch, wie wir es für richtig halten.

Manche hätten die Demo aber viel lieber mit der PDS.

Da können wir nur anworten: Wir haben kein Monopol auf Karl und Rosa – und wollen es auch nicht. Wenn andere eine Demo brauchen, ist das ihr gutes Recht. Wir allerdings wollen diese Ehrung individuell mit einer Kranzniederlegung vornehmen.

Ist die abstinente Haltung der PDS ein Reflex auf die Angriffe der CDU – so kann Ihre Partei sich betulicher geben, als sie ist?

Es geht nicht darum, wie die PDS sich geben will. Wir haben eine Tradition seit 1990, die wir verteidigen wollen. Wir werden doch niemanden daran hindern, Karl und Rosa anders zu ehren, als wir es tun werden. Zu DDR-Zeiten stand dort eine Parteiführung und hat die defilierenden Massen begrüßt. Das ist abgeschafft.

Ein Berliner DKP-Funktionär glaubt, daß die Hälfte der PDS- Mitglieder zur Demo gehen wird.

Es gibt bei uns keinen Beschluß, nicht an der Demo teilzunehmen. Wer demonstrieren will, soll es tun. Unsere Entscheidung, die nach einer seriösen Diskussion gefallen ist, richtet sich ja nicht gegen andere Formen der Ehrung. Warum respektieren andere nicht unsere Art des Gedenkens?

Viele Linke fühlen sich womöglich alleingelassen, nachdem im vorigen Jahr die Berliner Polizei die Demo gewalttätig aufmischte.

Die PDS ist gegen polizeiliche Übergriffe – wie natürlich auch dieses Jahr. Trotzdem will die PDS nicht das tun, was andere ihr vorschreiben wollen. Ich wage sowieso zu bezweifeln, ob Lautstärke einer mutigeren Ehrung gleichkommt.

Der Demoverzicht zwei Wochen vor dem PDS-Parteitag in Schwerin – ein Signal, zu Linksradikalen auf Distanz zu gehen?

Nein, das ist überinterpretiert. Wir haben nur eine Entscheidung getroffen, die sich gegen niemanden richtet. Jede andere Gruppierung oder kommunistische Partei kann das Ihre tun. Wir lassen uns jedenfalls nichts vorschreiben. Interview: Jan Feddersen