■ Schnittplatz
: Schluß mit lustig bei der „Tagesschau“!

Es gab Zeiten, da war man nicht sicher, ob es die „Tagesschau“- Sprecher wirklich gibt. Erschienen sie doch ausschließlich in den Nachrichten und auch dort nur halb. Aus ihren zeitlosen Köpfen perlten ernste Neuigkeiten, in ihrer geschmacklosen Garderobe wirkten sie unbestechlich und über jede Lebensfreude erhaben. Unschätzbar ihr Alter, unvorstellbar ihr Privatleben. Schöne Zeiten waren das. Heute wird jeder Versprecher zigmal ausgestrahlt, und Dagmar Berghoff schmunzelt dazu, als wären ihre Blackouts die eigentlichen Highlights im Ersten Programm. Noch schlimmer sind die Betriebsausflüge der „Tagesschau“-Belegschaft ins öffentlich- rechtliche Showbiz: Da kocht Wickert bei Christiane Herzog, macht Jan Hofer aus den miefigen Studiokatakomben des SFB einen Jazzkeller und reitet Sabine Christiansen halbnackt auf einem Elefanten durch die Zirkusmanege. Als lustigste aller nicht-lustig-zu- seienden ARD-Nachrichtenmoderatoren führt sich ausgerechnet die Newcomerin Susan Stahnke auf, die derzeit keine Gelegenheit ausläßt, um Millionen von Zuschauern mit ihrer mäßigen Inge- Meysel-Parodie zu quälen. Als wäre das angesichts des Sprachfehlers der Großmutter der Nation eine achtbare Leistung. Doch Susan Stahnke vergreift sich auch sonst gern an Schwächeren, um ihre Betriebsfestkompatibilität unter Beweis zu stellen. So ahmte sie neulich in einer Talkshow den sächsischen Dialekt eines weiblichen Jens-Riwa-Fans nach, bis die Pointe tot unter dem Tisch lag und selbst vom unverwüstlichen Giovanni di Lorenzo nicht mehr reanimiert werden konnte. Verdient man denn bei der „Tagesschau“ sowenig, oder ist der Moderatorenmangel bei der ARD mittlerweile so arg, daß man nun den letzten Rest Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt? Wird demnächst Fips Asmussen die „Tagesthemen“ und Didi Hallervorden den „Bericht aus Bonn“ übernehmen? Ulrich Deppendorf sollte seine Kalauertruppe tunlichst zurückpfeifen. Denn Nachrichtenleute, die nur durch puren Zufall im Studio und nicht auf der Kirmes gelandet sind, gibt es bereits im Frühstücksfernsehen genug. Oliver Gehrs