IRA greift Belfaster Gericht mit Rakete an

■ Weitere Anschläge befürchtet. Bündnis mit Sozialdemokraten gescheitert

Dublin (taz) – Bei einem Anschlag auf ein Gerichtsgebäude in der Belfaster Innenstadt ist gestern mittag ein Polizist verletzt worden. Zu dem Anschlag bekannte sich die Irisch-Republikanische Armee (IRA). Ein Anrufer sagte einem Rundfunksender in Belfast, insgesamt seien an sieben Orten in der Stadt Sprengsätze plaziert, darunter am Hauptbahnhof und an fünf Hotels.

Um 12.30 Uhr hatte ein Auto in einer Seitenstraße neben dem High Court angehalten. Ein Mann stieg aus und feuerte – vermutlich mit einem RPG 7-Raketenwerfer – ein Geschoß auf einen Wachturm ab. Der diensthabende Beamte erlitt Verletzungen am Trommelfell. Eine Frau, die gerade aus dem Gericht gekommen war, wurde von der Druckwelle zu Boden geworfen, blieb jedoch unverletzt. Das Fluchtfahrzeug wurde kurz darauf brennend im benachbarten Markets-Viertel, einer IRA-Hochburg, gefunden.

Polizei und britische Armee waren vorige Woche in Alarmbereitschaft versetzt worden, nachdem eine flüchtende IRA- Einheit eine 500 Kilo schwere Bombe am Belfaster Schloß zurückgelassen hatte. Vorgestern entschärfte die Armee eine weitere IRA-Bombe im Grenzgebiet.

Am Wochenende waren die Verhandlungen zwischen Sinn Féin, dem politischen Flügel der IRA, und den katholischen Sozialdemokraten von der SDLP über ein taktisches Abkommen bei den kommenden britischen Parlamentswahlen zusammengebrochen. SDLP-Chef John Hume hatte nicht nur einen neuen IRA- Waffenstillstand, sondern auch ein Ende des Westminster-Boykotts verlangt. Bisher hat Sinn Féin ihre Unterhaussitze nie eingenommen. Ralf Sotscheck