Harburg kopflos

■ Bezirksamtsleiter Ulrich räumt seinen Sessel und hofft auf Neuwahl im Herbst

Das Wahlchaos in Hamburgs autonom regierten Bezirken will auch im neuen Jahr kein Ende nehmen: Seit gestern ist Harburg kopflos. Der bisherige Bezirkschef Michael Ulrich (SPD) hat sein Büro geräumt und ist seither wieder ein freier Mann und als Rechtsanwalt tätig. Seinen Sessel besetzt jetzt kommissarisch der Harburger Verwaltungsdezernent Bernhard Hellriegel (Sozialdemokrat, Jahrgang 1945). Bis zu den Neuwahlen im Herbst wird er die Geschäfte südlich der Elbe führen.

Ulrich war im vergangenen Oktober bei seiner geplanten Wiederwahl zum Bezirksbürgermeister an einer fehlenden Stimme gescheitert (taz berichtete). Die schwarz-grün-parteilose Opposition hatte sich geschlossen geweigert, für den SPD-Wunschkandidaten den einen wichtigen Finger zu heben, der den Sozialdemokraten im Harburger Rathaus (20 Sitze) zur Mehrheit fehlt. Die CDU hatte einen eigenen Kandidaten, Fraktionschef Thomas Schneider, aufgestellt. Die GAL machte ihre Zustimmung von politischen Gefälligkeiten abhängig.

Als sich aber die Mißlichkeit seiner Lage immer mehr abzeichnete, ging Amtsleiter Michael Ulrich auf eigene Suche nach Verbündeten. Den grünen Abgeordneten Leo Abbing bezirzte er daheim bei Wein und Leckereien – erfolglos. Auch Drohungen seitens der SPD, die es gegen die CDU-Vizefraktionschefin Inge Ehlers gegeben haben soll, zeigten keine Wirkung. Wenn sie Ulrich nicht mitwähle, soll die Christdemokratin eingeschüchtert worden sein, verliere ihr Mann und CDU-Hardliner Karl-Heinz Ehlers seinen Job als Geschäftsführer bei der städtischen Sprinkenhof AG.

Die Bürgerschafts- und Bezirks-Wahlen in diesem Herbst werden in Harburg mit besonderer Spannung erwartet. Die SPD hofft, dann die absolute Mehrheit in Harburg zu ergattern und anschließend ihren alten Amtsleiter Ulrich leichter durchsetzen zu können.

Doch angesichts der Kritik großer Teile der Bevölkerung an der Großwohnsiedlung Neugraben-Fischbek, die Harburgs SPD durchgepeitscht hat, ist ein Wahlerfolg eher unsicher. Heike Haarhoff