Winterpause? Zeit zum Nachdenken !

■ Über politische Löcher und wie man die politikfreie Zeit nutzen könnte / Ein Interview mit Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz

ZeitungsleserInnen werden es gemerkt haben: Die politikfreien Zeiten werden immer länger. Die Sommer-, Oster-, Weihnachts-, etc.-Löcher dehnen sich aus. Ein Phänomen, dem auf den Grund gegangen werden will. Wir sprachen mit einem Politikprofi. Reinhard Metz war unter anderem CDU-Spitzenkandidat, deren haushaltspolitischer Sprecher und ist jetzt Präsident der Bürgerschaft.

taz: Finden im Moment bei Ihnen im Haus überhaupt Sitzungen statt, oder ist es völlig verwaist. Metz allein zuhaus?

Reinhard Metz, Präsident der bremischen Bürgerschaft: Im Moment finden (blättert) so viel ich weiß Sitzungen statt. Die Bürgerschaft tagt noch nicht wieder, aber Sitzungen finden immer statt. Auch in dieser Woche.

Aber empfinden Sie es nicht auch so, daß die Zeiten immer länger werden, in denen saure Gurken angeboten werden müssen?

Wenn jetzt mal ein paar Tage keine nach außen erkennbare Politik stattfindet, dann ist das sicher für einen politischen Lokalreporter kein erstrebenswerter Zustand. Aber ob es für die Politik und diejenigen, die sie machen, ein erstrebenswerter Zustand ist, darüber müßte man sich unterhalten.

Nur zu!

Stellen Sie sich mal vor: Die Leute, die Politik machen, würden die sitzungsfreie Zeit dazu nutzen, um nachzudenken. Das wäre doch nicht auszudenken.

Ihrem Konjunktiv entnehme ich, daß Sie da selbst nicht dran glauben.

Ich halte das für wünschenswert. Aktionismus und das politische Leben von Tageszeitungsausgabe zu Tageszeitungsausgabe befördert nicht immer die Richtigkeit der politischen Entscheidung.

Man könnte ja auch auf den Verdacht kommen, daß den Herrschaften, die Politik machen, so wenig einfällt, daß dafür auch weniger Zeit notwendig ist.

Machen wir das mal konkret, nehmen wir mal die politische Arbeit des Parlaments: Eine wesentliche Aufgabe ist ja die der Gesetzgebung. Ich glaube entschieden, daß es zu viele gesetzliche Regelungen gibt und nicht zu wenige.

Ach so! Das heißt, wer schläft der sündigt nicht.

Nein, aber ich glaube, daß die Regelungswut eher Nachteile als Vorteile hat.

Schon, aber die politische Arbeit besteht ja nun auch daraus, mit der einen oder anderen guten Idee an die Öffentlichkeit zu treten – auf daß sie diskutiert wird und sich Ruhm und Ehre mehren.

Ich sehe allerdings folgende Gefahr in der Mediendemokratie: Ein fester Kreis von Politikern und Journalisten dreht fast täglich das Ankündigungsrad, ohne daß die Menschen merken, ob sich was ändert. Da müssen wir aufpassen.

Aber wenn nun so gar nichts mehr stattfindet – ist das nicht ein Zeichen von Entpolitisierung?

Aber wann findet denn nichts statt?

Früher gabs das Sommerloch und die Zeit zwischen den Jahren. Aber mittlerweile ist das Osterloch dazugekommen, dann das Pfingst-, das Herbstloch und zwei Tage vor und nach Feiertagen passiert eh nichts. Das kann doch nicht richtig sein.

Der Bürgerschaftspräsident merkt davon leider recht wenig. Der ist fast immer an Deck. Mal im Ernst: Es gibt natürlich auch Bereiche, wo mehr passieren könnte. Fragen sie mal nach, wieviele Investitionen, und zwar die ganz stinknormalen, im letzten Jahr wieder nicht gemacht worden sind. Da werden sie feststellen: Auch da ist wieder passiert, was ich damals als haushaltspolitischer Sprecher immer kritisiert habe. Vieles ist wieder liegengeblieben, und es lag nicht am Geld. Da würde ich mir wünschen, daß dieser Unsinn aufhört. Und das hat nichts mit Herbst- und Pfingstlöchern zu tun, sondern mit Unfähigkeit von Beteiligten.

Wenn es schon Löcher gibt, dann könnte man die zur ruhigen, bescheidenen Arbeit nutzen.

Zum Beispiel. Fragen: J.G.