Alptraum, Überdruß, falsche Sehnsüchte

■ Kampnagel: Sechs verschiedene Tanzgruppen bei den IndepenDance Days

Ist das Tanz-Solo wieder in? Beim vorjährigen Wiener Im Puls-Festival waren Solo-Tänze groß im Kommen: Carolyn Carlson, Urs Dietrich, Stephen Petronio und José Navas zeigten solistische Kurzstücke.

Celestiales, die fesselnde, fast nur aus stetem Kreisen des Kopfes gearbeitete Choreographie von Navas, dem venezolanischen Shooting-Star, ist auch bei den IndepenDance Days auf Kampnagel zu sehen. Zwei der zwischen dem 15. Januar und 1. Februar gezeigten sechs Produktionen internationaler Tanzkünstler sind ebenso Solo-Choreographien.

In der Konzentration auf minimalistische Bewegungen macht José Navas in vier verschiedenen Soli – Sterile Fields, While Waiting, Postdata und Celestiales – Alpträume und Visionen bildhaft. Der sensible und eigenwillige Tänzer zeichnet sich durch Gespür für das Groteske in den einfachen Dingen des Alltags und tänzerische Genauigkeit aus. (16.-18. 1., 20.30 Uhr, k1)

In self(ish)-portait, einem tänzerischen Selbstporträt, deckt Joao Fiadeiro, der kreative Kopf der Comphania REAL aus Portugal, voller Selbstironie und Selbstsucht persönliche Probleme und Wünsche auf, entwirft beim Experimentieren mit dem Körper zugleich choreographische Skizzen aus einem Künstlerleben. (30. 1.-1. 2., 21 Uhr, k1)

Mit Fiadeiro im Doppelprogramm zeigt Vera Mantero Frauenbilder zwischen Überdruß und Traurigkeit. In Para enfasiadas e profundas tristezas spielen die Tänzerinnen auch mit den Klischees von der naiven Unschuld bis zum hysterischen Biest. Die Preisträgerin beim Choreographenwettbe-werb von Seine-Sainte-Denis 1996 spiegelt in ihrem Stück weibliches Schwanken zwischen Hingabe und Kontrolle und die Angst vor großen Gefühlen. (30. 1.-1. 2., 21 Uhr, k1).

Um das Glück und den Traum in der Liebe dreht sich auch die neue Produktion der Liat Dror & Nir Ben Gal-Company. Zu sentimentalen Chansons von der Bardot bis zur Dietrich unternimmt das israelische Choreographenehepaar eine Reise durch die Glamourwelt des Films, konfrontiert die Glitzer-Typen und falschen Hollywood-Sehnsüchte mit der ganz anderen echten Wirklichkeit. (22., 24.-26. 1., 20 Uhr, k6).

Paul Ribeiro wurde wie Mantero beim Seine-Sainte-Denis-Choreographentreffen im Vorjahr für sein Stück Rumeur de deuses mit dem Pix d'Auteur ausgzeichnet, in dem er mit einem Bewegungsvokabular zwischen Abstraktion und Karikatur jongliert. (29./31. 1., 20 Uhr, k6).

Zum provakativen Auftakt der IndepenDance Days verspricht jedoch der Auftritt der John Jasperse Company zu werden, die in Excessories entwaffnend und unverschämt mit Körpern und Fetisch-Accessoires den Sex-Exzeß erprobt. (15., 17. und 18. 1., 19.30 Uhr, k6)

Thomas Rössl