Perücktes Prominentenherunterputzen

■ Elf Künstlerinnen zeigen Hamburgs             erste Frauen-Kabarett-Revue

Es gibt Frauen, die sind einfach überflüssig. Claudia Nolte zum Beispiel, wie sie, gespielt von Barbara Beckmann, dämlich vom Klavierhocker grinst und sich von Kollegin Ruth Schiffer herunterputzen läßt. Spießig, der ministerliche Rüschenkragen, und erst die Brille! Schnell haben die Kabarettistinnen ihre Frauenministerin abgewatscht, weiter geht's mit Familienpolitik, Potenzmitteln und Abtreibung. In Minuten hat das Duo sein Programm heruntergemosert und räumt die Bühne für die nächsten Akteurinnen des ersten Hamburger FrontFrauenFestivals.

Elf Kabarettistinnen zeigen bei der FrontFrauenRevue in Alma Hoppes Lustspielhaus Teile ihres Programms. Jede Künstlerin hat nur eine kurze Nummer lang Zeit, um zu singen, politische Schelte oder Alltagsphilosophie loszuwerden. Verkleidet und perückt predigt Lila Luder aus Hannover als Nonne klösterlichen Sex, Susanne Weinhöppel verkörpert eine harveklimpernde Bildungsbürgerin und Cornelia Niemann spielt eine Fremdenführerin, nicht ohne sich unter einem schmierbraunen Regenschirm zu verstecken.

Den hätte auch Frau Jaschke, alias Jutta Wöbbe, gerne besessen. Sie steht eingentlich nur auf der Bühne, weil sie scharf war auf einen neuen Knirps. Ihren alten habe sie in der U-Bahn verloren, erklärt Frau Jaschke. Und da habe Organisatorin Sybille Schrödter ihr einen neuen versprochen, wenn sie Schirmherrin des Festivals werde. Also stakst Frau Jaschke nach jeder Nummer über die Bühne und erzählt von ihrer Freundin Hannelore – die Hornbrille auf der Nase und auf dem Kopf einen Hut, wie ihn andere Menschen über Klorollen in Autohecks stülpen. Brav sagt sie die Künstlerinnen an und bekommt dafür fast mehr Applaus als die Kabarettistinnen selbst.

Die teilen nach allen Seiten aus. Schnell wird klar, daß es ebenso viele Säue unter den Frauen gibt wie Schweine unter den Männer. Und daß Kabarettistinnen genauso sarkastisch und scharfzüngig sind wie ihre Kollegen. Sextouristinnen gieren auf der Bühne danach, türkische Bootsverleiher aufzureißen, während Preußinnen das Publikum auffordern, aufrecht zu sitzen.

Die FrontFrauen bemühen sich nicht, einen Gegenpol zum Männerkabarett zu bilden. Ihr Blick ist weder der wütender Amazonen, noch frustriert ob der niedrigen Frauenquote in ihrem Job. Selbstbewußt und schlagfertig kommen sie daher, als sei es selbstverständlich, eine weibliche Kabarett-Revue zu gestalten – so selbstverständlich, daß man sich fragt, warum es nicht öfter passiert.

Judith Weber

FrontFrauenRevue, heute, 20 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus