Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Die Abenteuer des Prinzen Achmed Deutschland 1923-26, R: Lotte Reiniger

Dieser Scherenschnittfilm war kurz vor Disney der erste lange Animationsfilm. „Charme und Grazie, Zartheit und Anmut, Witz und Verspieltheit: Es sind viele Worte, mit denen Lotte Reinigers Scherenschnittfilme zu beschreiben wären. Vor allem aber: Zauber. Es wird viel gezaubert in den Bildern diese Filmes und in den Geschichten, die in ihm erzählt werden.“ (Walter Schobert) Kino 46

Antonias Welt Niederlande/Belgien/Großbritannien 1995, R: Marleen Gorris, D: Willeke van Ammelrooy, Els Dottermans

„Wirklich eine ungewöhnliche Familiensaga, die die holländische Regisseurin Marleen Gorris in ihrem jüngsten Film entworfen hat. Voll Witz und trotz aller Melancholie voll Optimismus steckt ihre generationsübergreifende, manchmal märchenhaft wirkende Chronik, die sich über 50 Jahre erstreckt. Für ihre matriarchale Utopie erhielt sie in diesem Jahr den Oscar in der Kategorie ,bester fremdsprachiger Film'“. (Bremer) Atelier

B

Basquiat USA 1996, R: Julian Schnabel, D: Jeffrey Whrigt, David Bowie, Dennis Hopper

„Arm, schwarz und 21 war er, als er 1981 in der sehr weißen New Yorker Kunst-Szene seinen großen Wurf landete: Jean-Michel Basquiat, der 1988 an einer Überdosis Drogen starb, hatte ein zerquältes Leben und eine sehr hohe Meinung von seinem eigenen umstrittenen Werk. Der Künstler Julian Schnabel, selbst für Kontroversen und sein großes Ego bekannt, ist der debütierende Drehbuchschreiber und Regisseur, der glaubte, Basquiats Geschichte besser als die Schreiberlinge von Hollywood erzählen zu können. Und dies gelang ihm auch. Jeffrey Wright wirkt magnetisch und bewegend als Jean Michel, und David Bowie zeigt die Einsamkeit in Andy Warhol, die diesen mit Basquiat verband. Schnabel ist am besten, wenn er Jean Michel in seinem Studio zeigt, wie er - trotz schmetternder Musik und plaudernden Freunden - ruhig eine riesige, leere Leinwand bemalt. Die meisten Filme betonen die Schmerzen des Künstlers bei seiner Arbeit (man denke nur an Kirk Douglas als van Gogh in „Ein Leben in Leidenschaft“). Schnabels außergewöhnliche Film ehrt den Freund, indem er den kreativen Akt als Rausch ohne Drogen zeigt. Für Basquiat war das Leben qualvoll, nicht die Kunst. In diesem Film fließt das Talent nur so aus ihm heraus.“ (Rolling Stone) Gondel

Beautiful Thing Großbritannien 1996, R: Hettie MacDonald, D: Linda Henry, Glen Berry, Scott Neal, Ben Daniels

„Jamie ist schwul. Na und? Jamie ist außerdem 16, lebt mit seiner energischen Mutter in einem jener Betongebirge am Rande Londons, in dem jede Geranie außerirdisch wirkt, und er ist heftig in den Nachbarssohn Ste verknallt. Aber ob ausgerechnet Ste auf Jungs steht? Daß es gerade in den Schluchten des sozialen Wohnungsbaus nicht leicht, aber trotzdem herrlich ist, sich zu verlieben, zeigt dieser Erstlingsfilm mit Mut zu Gefühl und heftigem Cockney-Witz. Und im Zweifel gilt jener Tip, den Jamie von seiner Mutter bekommt: Es gebe da eine Insel im Mittelmeer, auf der Schwule unbehelligt leben. Sie glaube, die Insel heiße Lesbisch.“ (Der Spiegel) Atlantis, Casablanca (OL)

Bogus - mein phantastischer Freund USA 1996, R: Norman Jewison, D: Gerard Depardieu, Whoopi Goldberg

„Mit „Schwindel“ oder „Hokuspokus“ könnte man den Titel des Films übersetzen. Gemeint ist hier eines jener Wesen, das die amerikanischen Weihnachts-Ghosties belebt. Irgendwo zwischen Peter Pan, Topper, Schutzengel und dem Hasen Harvey ist dieser Bogus, gespielt von Gerad Depardieu, angesiedelt. Ein Kinderfilm nach altbekanntem Muster für die Weihnachtszeit, zwei Stars, die tief in den Klischeetopf greifen dürfen, ein Regisseur, der gute Routinearbeit leistet. Alles gehobener Durchschnitt. Bis auf eine kleine brilliante Tanzeinlage von Depardieu und Whoopi Goldberg - von diesem augenzwinkernden Charme hätte der Film mehr vertragen können.“ (epd-Film) UFA-Stern

C

Der Club der Teufelinnen USA 1996, R: Hugh Wilson, D: Goldie Hawn, Bette Midler, Diane Keaton

„Drei ältere Frauen ruinieren in gemeinsamer Freundschaft und Solidarität materiell und libidonös ihre drei Ex-Gatten - so läßt sich der Plot beschreiben und der Film eigentlich auch ad acta legen. Denn bei allen existentialistisch-tragischen Unter- und Nebentönen ist das Ganze doch zu forciert als Klamotte angelegt, um mehr als eine bunte, antidepressive Phantasie abzugeben, die die Zuschauerin vereint mit den Wechseljahren-Hormonen einnehmen kann. Die Logik wie die Bilder dieses Films entsprechen einer Mischung aus den Glanzmagazinen „Brigitte“ und „Häuser“ samt deren Sinn für optischen und ökonomischen Realismus. Allerdings hat der Film drei Ikonen der amerikanischen Schauspielkunst in den Hauptrollen: Goldie Hawn, Diane Keaton und Bette Midler. Die enormen Fangemeinden der drei Diven dürften sich zwar kaum nennenswert überschneiden, dennoch werden diese Stars mit Sicherheit eine Fülle voyeuristischer Geschlechtsgenossinnen ins Kino locken.“ (epd-Film) City, UT-Kino, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

D

Dragonheart USA 1995, R: Rob Cohen, D: Dennis Quaid, Pete Postlethwaite

„Die Wiederbelebung des Abenteuerfilms für den Markt der neunziger Jahre. Nicht, daß „Dragonheart“ seine Geschichte vom letzten Drachen, der mit einem Drachentöter ein einträgliches Gauklergechäft aufzieht, aber auf tragische Weise mit einem despotischen Herrscher verbunden ist, nicht ernst nehmen würde. Aber die Modernisierungen lassen seine Komik immer wieder angestrengt wirken. Der computernanimierte Drache allerdings ist ein lebendiges Wesen geworden, nicht zuletzt durch die Stimme von Sean Connery, dessen Witz und Melancholie Mario Adorf in der deutschen Fassung leider nur unzulänglich wiedergibt.“ (tip) Ufa-Stern

E

Evita USA 1996, R: Alan Parker, D: Madonna, Antonio Banderas, Jonathan Pryce

„Daß es nicht damit getan ist, das Wunder der Santa Regina Evita, des illegitimen Kindes eines armen Bauern, die von den armen Leuten abgöttisch verehrt wurde, im Stil marxistischer Moritaten anzuprangern, hat Parker kongenial erfaßt - und deshalb Madonna für die Rolle der Evita angeheuert. Abgesehen davon, daß Madonna die Gelegenheit hat, sich als Charakterdarstellerin zu behaupten, spiegelt ihr eigenes Image als self-made-woman und Pop-Ikone Evitas Verherrlichung auf frappante Weise wieder. Madonnas Spiel, der Magnet ihrer Augen, das von Mann zu Mann recycelte und auf jedes Bedürfnis abgestimmte Versprechen ihres Körpers, daß Charisma ihrer getreu nach Evita schlichten, aber zur hohepriesterlichen Ekstase gesteigerte Polemik, sagen mehr über den Erfolg der argentinischen Pompadour als es jede Ideologiekritik vermöchte.“ (epd-film) Schauburg, Wall- und Ziegelhofkinos (OL)

Extrem USA 1996, R: Michael Apted, D: Hugh Grant, Gene Hackman, Sarah Jessica Parker

„Hugh Grant ist der Arzt, dem die Frauen vertrauen. Und nicht nur dies. Als brillianter Mediziner rettet er in der Notaufnahme eines New Yorker Krankenhauses pausenlos Leben, grimassiert gesteßt und streicht sich sympathisch-fahrig durch die Haare - ganz der alte Hugh aus dem Erfolgslustspiel „Vier Hochzeiten und ein Todesfall““. (Der Spiegel) UFA-Stern, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhof-Kinos (Ol)

F

Fallen Angels Hongkong 1995, R: Wong Kar-wai, D: Leon Lai-ming, Michelle Reis, Charlie Young

„Die Geschichte des melancholischen Mörders, der seines Jobs und seiner Wunden überdrüssig wird, wird sich, anders als in der von Schüssen und dem Gefühl der Zusammenhangslosigkeit durchsiebten Erzählung von Kar-wais „Chungking Express“, durch den ganzen Film ziehen. Sie findet sogar ein Ende, so böse wie es sich die Agentin nur ausmalen kann. Der Mörder trennt sich sang- und klanglos von ihr: „Vergiß ihn“ heißt die Scheibe, die dazu in der Jukebox spielt. Wie alle Bewohner des Kar-waischen Universums, in dem die Musik aus der Dose und die Bilderkonserven des Fernsehens Gespräche und Gefühle ersetzen, wird auch die Agentin den Schicksalswink der Jukebox wörtlich nehmen. Sie wird den Mörder so inständig vergessen, daß er darüber stirbt.“ (epd-film) Filmstudio

Funny Bones Großbritannien 1994, R: Peter Chelsom, D: Oliver Platt, Jerry Lewis

Die Tränen eines Clowns gehören zu den wirkungreichsten Tricks der dramatischen Künste. In diesem Film gibt es gleich zwei von diesen weinenden Bajazzos: Jack ist von Natur aus so komisch, daß er eine Gefahr für seine Umwelt darstellt, und Tommy versucht mit allen Mitteln, das Publikum zum Lachen zu bringen, bleibt aber doch immer nur im Schatten seines Vaters: des erfolgreichsten Komikers von Amerika. Jerry Lewis wurde diese Rolle direkt auf den Leib geschneidert. Eine weitere Hauptrolle spielt Blackpool, der etwas heruntergekommene englische Badeort, den der Regisseur mit wunderbar gespielten Originalen bevölkert, die durch seinen liebevollen Blick lebendig werden. So hat dieser sehr komische Film auch eine seltene emotionale Wärme. (hip) Gondel

G

Gelbe Erde Deutschland 1996, R: Kaoru Ikeya

„Jenan, einst glorifiziert als heiliger Boden der Revolution - hier endete der lange Marsch, hier errichtete Mao für zwölf Jahre das Hauptquartier der Roten Armee - gehört heute zu den ärmsten Regionen Chinas. Um die Produktivität zu steigern, führte die lokale Behörde schon vor zehn Jahren des System der gewinnorientierten Landwirtschaft ein, das tüchtigen und einfallsreichen Bauern erlaubt, mehr Geld zu verdienen. Der Film beobachtet das Leben in einem Dorf, in dem jahrelang im Kollektiv gewirtschaftet wurde und kein Wettbewerb das Leben störte, die Armut betraf alle und war so leiser zu ertragen. Nun ändern sich die Zeiten, doch nicht alle können sich auf die Veränderungen einstellen.“ (Presse-Info Radio Bremen) Kino 46

Die Geschichte vom kleinen Muck DDR 1953, R: Wolfgang Staudte, D: Thomas Schmidt, Johannes Maus

„Staudtes Märchen vom „kleinen Muck“ brach mit der deutschen Tradition der kindertümelnden innigen Märchenfilme: Optische Fantasie verbindet sich mit humanistischer Tendenz. Neben dem „Kalten Herzen“ begründete dieser Film die nachdrücklich geförderte Kinderfilm-Produktion der DDR.“ (Lexikon des internationalen Films) UFA-Palast

Glimmer Man USA 1996, R: John Gray

„An ihren Silicon-Brüsten sollt ihr sie erkennen! Super-Cop Jack Cole jedenfalls schließt anhand der Implantate sofort, die Leiche vor ihm müsse Russin sein. Mit seinem messerscharfen, buddhistisch geschulten Verstand stellt er blitzschnell die Verbindung von einem Serial-Killer über die Russenmafia zu einem gutsituierten Geschäftsmann her. Der wiederum versucht, ihn als Polizisten zu diskreditieren. Aber nicht mit Jack Cole, ehemals CIA! - Auf seine alten Tage wird selbst Steven Segal ganz zahm. Seine zynischen Law-and-order-Spektakel warteten schon mal mit mehr Krach, Bumm und Peng auf.“ (tip) Ufa-Stern

Der Glöckner von Notre Dame USA 1996, R: Gary Trousdale

„Disney hat Victor Hugo auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht und ein harmloses Vergnügen veranstaltet, bei dem die Nebenfiguren den Stars wieder mal die Show stehlen. (Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen) / im UFA-Palast auch in der Originalfassung ohne Untertitel

H

Harald Deutschland 1996, R: Jürgen Egger, D: Heinrich Schafmeister, Martina Gedeck

„Anders als die Außerirdischen in Roland Emmerichs „Independence Day“ weiß Harald, der extraterrestrische Held dieser laut Verleihwerbung „kosmischen Romanze“, wie sich ein gesitteter Besucher benimmt. In Wahrheit ist der Außerirdische Harald überhaupt nicht im Deutschland des Jahres 1996 zu Gast, sondern bloß in einer sogenannten deutschen Beziehungskomödie. Rica, Frido und die anderen sind keine Menschen aus Fleisch und Blut, sie sind nur die geklonte Besatzung eines Raumschiffs, das möglicherweise „Männerpension“ heißt oder auch „Hotel Superweib“ - wie es Pauschaltouristen immer wieder passiert, ist Harald im Reisebüro einem Schwindel aufgesessen.“ (Der Spiegel) UFA-Stern

High School High USA 1996, R: Hart Bochner, D: Jon Lovitz, Mekhi Phifer, Louise Fletcher

„David Zucker, ein Drittel des legendären ZAZ-Teams, produzierte diesen albernen Spaß mit Jon lovitz, der sich als High-School-Lehrer mit allerlei harten Jungs herumschlagen muß. Die Schule ist so multikulturell, daß drei Simultan-Übersetzer pro Klasse nötig sind.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast

I

Independence Day USA 1996, R: Roland Emmerich, D: Will Smith, Bill Pullman, Jeff Goldblum

„Emmerich und seine drei Drehbuchschreiber bedienten sich unverfroren und geschickt bei den Erfolgsrezepten aus früheren Blütezeiten des Genrekinos: Da ist einmal die paranoide Grundstimmung der Science-Fiction-Filme aus den 50er Jahren mit der Angst vor dem Fremden und den militaristischen Lösungen. Der mittlere Teil des Films erinnert an die Desasterfilme aus den 70er Jahren. Hier werden die Außerirdischen wie eine Naturgewalt dargestellt - wie Erdbeben, Vulkanausbruch und Wirbelsturm in einem. Und schließlich liefert Emmerich einen Gegenentwurf zu den netten Begegnungen der dritten Art von Spielberg, denn diese ,E.T.s' sind alles andere als dessen sanfte Märchenfiguren.“ (hip) City

Irren ist männlich Deutschland 1995, R: Sherry Hormann, D: Herbert Knaup, Corinna Harfouch

„Warum sehen deutsche Komödien immer aus, als seien sie dem „Schöner Wohnen“-Sonderheft „So mache ich mehr aus meiner 200-qm-Wohnung“ entnommen? Alles ist teuer und „tres chic“, und am Ende steigt man in sein neues Mercedes-Cabrio. So auch in dieser platten Vaterschaftskomödie um eine haarsträubende, konstruierte Verwechslungsgeschichte, die kein Klischee einer „Deutschen Komödie“ ausläßt und talentierte Darsteller wie Herbert Knaup, Axel Milberg und Richy Müller als „Väter der Klamotte“ mißbraucht.“ (V. Bleek) UT-Kino

J

James und der Riesenpfirsich USA 1996, R: Henry Selick, D: Paul Terry, Pete Postlethwaite

„Märchen-, Musical- und Obstfans werden sich beim Puppentheater aus der „Nightmare Before Christmas“-Werkstatt wohlfühlen. Die Aschenputtel-Geschichte des kleinen James, der von seinen bösen Tanten auf einen ins Gigantische gewachsenen Pfirsich flieht und dabei Freunde unter den mitreisenden Insekten findet, besitzt genügend Herz, um den wohligen Zynismus der Randy-Newman-Songs abzufangen. Nicht so recht passen will dagegen die reale Rahmenhandlung in diesem zweiten Spielfilm des Burton-Protegés Henry Selick. Eine reine Puppenshow hätte noch mehr Charme gehabt.“ (TV-Spielfilm) Schauburg

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarienette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“ (Der Spiegel) Cinema, City, Casablanca (Ol), Apollo-Kino (Whv)

Die Jury USA 1996, R: Joel Schumacher, D: Metthew McConaughey, Sandra Bullock

„Dies ist ein wirklich merkwürdiger Film! Der Roman von John Grisham, auf dem er basiert, handelt vom Prozeß gegen einen Schwarzem, der die beiden Weißen erschoßen hat, die seine Tochter vergewaltigt haben. Nun ist dies nicht gerade ein allzu populärer Stoff, und die Filmemacher haben sich mit einer ganzen Reihe von Subplots aus diesem Dilemma herausgeschummelt. Sie erzählen nun in erster Linie von dem netten, smarten Anwalt, der den Angeklagten verteidigt. Sandra Bullock wird zwar großartig als der Star des Films angekündigt, spielt aber nur eine ganz unbedeutende Nebenrolle. Auch sonst gibt es noch einen ganzen Haufen Schauspieler mit großen Namen, die kaum etwas zu tun bekommen. Außerdem ist der Film längst nicht so liberal, wie er vorgibt. Die Rassenfrage wird darauf reduziert, daß es ganz in Ordnung ist, wenn ein Schwarzer sich mit einer Waffe an den bösen Weißen rächt, und das ist dann doch etwas zu simpel.“ (Chris Tookey) UT-Kino, Solitaire (Westerstede)

K

Kopfgeld USA 1996, R: Ron Howard, D: Mel Gibson, Gary Sinise, Rene Russo

„Ist einer als Vater reich, heißt Mel Gibson und spielt in Ron Howards neuem Thriller die Hauptrolle, dann macht er, wenn sein kleiner Sohn entführt wird, was im wahren Leben keiner wagt: Er dreht den Spieß um. Er verdoppelt das geforderte Lösegeld als Einsatz auf den Kopf des Kidnappers, und schon hat der, ein böser Bulle (Gary Sinise), keine rechte Freude mehr an seiner Geisel. Ein psychologisch nicht wertvolles, daher befriedigendes Vabanquespiel, denn dem Zuschuaer stillt es niedrige Triebe wie Schadenfreude und Rachelust. Da stört auch die leicht hölzeren Darstellung der Protagonisten kaum.“ (Der Spiegel) City, UT-Kinocenter, Muwi-Filmkunst (Ol), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Kopf über Wasser USA 1996, R: Jim Wilson, D: Harvey Keitel, Cameron Diaz

„Ein idyllischer Urlaub auf einer einsamen Insel wird für George (Harvey Keitel) und Nathalie (Cameron Diaz) zu einer mörderischen Angelegenheit. Während George über Nacht zum Fischen hinausfährt, taucht bei Nathalie unangemeldet der Ex-Liebhaber auf. Am nächsten Tag liegt der Ex tot im Bett und muß beseitigt werden, was nur noch mehr Leichen nach sich zieht. In Anlehnung an „Arsen und Spitzenhäubchen“ und „Immer Ärger mit Harry“ beleuchtet diese schwarze Komödie die Problematik der Leichenbeseitigung von allen Seiten und variiert die alte Weisheit: Auch Wassersport ist Mord.“ (tip) UFA-Stern

L

Die Legende von Pinocchio Deutschland/Großbritannien/Frankreich 1996, R: Steve Barron, D: Martin Landau, Udo Kier

„Die kleine Holzpuppe möchte so gerne ein richtiger Junge sein. Und mit ein bißchen Hilfe von den „Muppet“-Puppenkünstlern um „Turtles“-Regisseur Steve Barron wurde dieser Klassiker der Jugendliteratur zu neuem Leinwandleben erweckt. Gut wie immer: Oscar-Preisträger Martin Landau (,Ed Wood') als Gepetto.“ (TV-Spielfilm) UT-Kino

Letzes Jahr in Marienbad Frankreich 1961, R: Alain Resnais, D: Delphine Seyrig, Giorgio Albertazzi

„Die Charaktere oder besser Figuren in diesem Film sind eine schicke Variante der Untoten eines Vampirfilms: „Wir leben wie in Särgen, Seit an Seit gefroren in einem Garten“. Der Spielort dieses high-fashion-Puzzle-Films wird beschrieben als ein „enormes, luxuriöses, barockes, kummervolles Hotel, wo endlos Korridore auf Korridore folgen“. Die Stimmung wird beherrscht von Orgelmusik und diesem aufgeblähten Erzählton, alles ist feierlich und erwartungsvoll - wie beim Hochamt. Die Dialoge darüber, ob die Charaktere sich im letzten Jahr getroffen haben, sind wie eine Parodie auf die Trägheit der Reichen. Die Kostüme und Kulissen scheinen auf eine hochromantische Phantasie zu warten, die Figuren werden wie Schachfiguren in Positionen manipuliert, die geistvolle Repliquen oder Ironie erwarten lassen. Aber alles, was wir bekommen, sind schöne Bilder. Wieder einmal sind die an ihren Seelen Kränkelnden verdammt gut angezogen. Wenn man vom Look diese Films und seiner im gleichen Jahr entstandenen Ebenbilder „La Notte“ und „La Dolce Vita“ ausgeht, könnte der Verdacht entstehen, daß Weltschmerz eine Erfindung der Modeschöpfer gewesen wäre.“ (Pauline Kael) Kino 46

M

Der Mann, der die Sterne macht Italien 1995, R: Guiseppe Tornatore, D: Sergio Castellitto, Tiziana Lodato

Selbst im kargen, armen Sizilien der 50er Jahre wußte jeder vom paradiesischen Leben der Filmstars. Und ein gewitzter Betrüger braucht sich nur als Talentsucher der Universal Studios in Rom auszugeben, um den Leuten für angebliche Probeaufnahmen das Geld aus der Tasche zu ziehen. In Tornatores Film erzählen die vielen Sizilianer direkt in die klapprige Kamera des Bauerfängers von ihrer Arbeit, ihren Träumen, ihrem Elend und ihrer Heimat. Für Kinder, Frauen, Fischer, Polizisten und Banditen wird das Zelt mit der Kamera auf dem Dorfplatz zum Beichtstuhl, und Tornatore präsentiert ein buntes Kaleidoskop von sizilianischen Charakteren und Schicksalen. (hip) Gondel

Mein Mann Picasso Großbritannien 1996, R: James Ivory, D: Anthony Hopkins, Natascha McElhone

„Picasso als das genialistische Monster, das von seiner Umgebung bedingungslose Unterwerfung verlangt, das sich Frauen einverleibt und wieder ausspeit. Der Film ist eine historisch detailgetreue, aber oft plakative und klischeehafte Illustration dieser These aus der Perspektive von Francoise Gilot, die es zehn Jahre mit dem Maestro aushielt. Faszinierend, wie es Anthony Hopkins gelingt, in die Rolle des launigen Machos hineinzuschlüpfen. Doch während Francoise als facettenreiche Persönlichkeit dargestellt wird, sind die restlichen Frauen Picassos nur ärgerliche, oberflächliche Karikaturen.“ (tip) UFA-Palast, Casablanca (OL)

Menace II Society USA 1993, R: Allen und Albert Hughes, D: Tyrin Turner, Larenz Tate / Originalfassung mit Untertiteln

Der Filmtitel ist hip (mit dem II für to) und bringt die Story genau auf den Punkt: Sie sind tatsächlich eine Bedrohung für die Gesellschaft, diese jungen Schwarzen, die in Watts, Los Angeles aufwachsen und buchstäblich dafür sterben, cool zu sein. Ein falsches Wort, eine fehlende Demutsgeste und es wird losgeballert; eine Fleischwunde gilt als Zeichen der Männlichkeit. Von Anfang an ist das Schicksal des Filmhelden Caine besiegelt und der Film erzählt seine Geschichte mit der gleichen fatalen Konsequenz, die in den 40er und 50er Jahren Robert Mitchum oder James Cagney so schön sterben ließ. Die Hughes Brothers sind offensichtlich von diesem Filmstil beeinflußt und die rein filmische Schlußpointe erinnert an einen Trick von Billy Wilder. „Menace II Society“ ist also „new black film noir“. (hip) Kino 46

Mikrokosmos Frankreich/Schweiz/Italien 1995, R: Claude Nuridsany, Marie Perennou

„Mikrokosmos“ entführt in eine Zauberwelt voller Metamorphosen, in der Wesen über das Wasser laufen und Mücken wie Wassernympfen im Mondlicht flirren. Im Mittelpunkt der Naturdokumentation des französischen Forscherteams stehen die Insektenbewohner einer Wiese. Mit Hilfe von speziellen Kameras gelangen den Forschern ungewöhnliche Aufnahmen, beispielsweise von der Argyronet-wasserspinne, die ihre Beute in einer selbstgeschaffenen Luftblase verspeist. Mit seinen phantastischen Bildern, den hinreißend schönen Landschafts- und Himmeleinstellungen dürfte „Mikrokosmos“ auch im Kino sein Publikum finden.“ (Silke Schütze) UT-Kino, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

N

Napoleon - Abenteuer auf vier Pfoten Australien 1995, R: Mario Andreacchio

„Der Golden-Retriever-Welpe namens Napoleon erlebt aufregende Abenteuer in der wilden Natur Australiens.“ (tip) UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede)

Neues vom Räuber Hotzenplotz Deutschland 1978, R: Gustav Ehmck, D: Peter Kern

Leider keine guten Nachrichten vom dummen, dicken Räuber, denn in dieser Fortsetzung des Kinderfilmklassikers von 1974 wird er nicht mehr von Gerd Fröbe verkörpert, sondern vom nicht weniger dicken, dafür aber nicht halb so witzigen Peter Kern. (hip) Atlantis

P

Palookaville USa 1995, R: Alan Taylor, D: William Forsythe, Vincent Gallo

„Ein paar nicht mehr ganz junge Jungs in einer amerikanischen Kleinstadt, die am Bartresen rumhängen und vom schnellen Geld, schnellen Autos, schnellen Mädchen fabulieren: Das gibt es derzeit öfter im Independent-Kino. Keine tolle Idee. Doch diesmal ist alles anders, denn das Trio von Taugenichtsen in Palookaville zeigt wilde Entschlossenheit, als Schwerverbrecher Karriere zu machen, erst durch einen Juweleraub, dann durch den Überfall auf einen Geldtransporter, was beides auf wunderliche Weise schiefgeht. Der Autor David Epstein und der Regisseur Alan Taylor aber haben einen Erstlingsfilm gemacht, der auf wunderliche Weise gelungen ist: mit Zärtlichkeit und Spaß an skurilen Schlenkern. Frances McDormand („Fargo“) hat einen Star-Auftritt und erklärt, warum Männer stets kleine Jungs bleiben.“ (Der Spiegel) Cinema

Portrait of a Lady USA 1986, R: Jane Campion, D: Nicole Kidman, John Malkovich, Barbara Hershey

Henry James beschreibt mit Isabel Archer eine perfekte Lady: schön, intelligent, reich und emanzipiert, nur um sie dann um so tiefer ins Spinnennetz der Intrigen eines teuflischen Verführers tappen zu lassen. Ein düsteres Melodrama, und man muß die Konsequenz bewundern, mit der Jane Campion sich weigerte, es dem Publikum auf Kosten des Buches leichter zu machen. Sie biegt die Geschichte nicht so um, daß sie den Konventionen der gepflegten Literaturverfilmung folgt, und läßt etwa den Film mit einem ambivalenten Bild enden, das genau dem offenen Schluß des Romans entspricht, und den Zuschauer mit mehr Fragen als Antworten aus dem Kino entläßt. „Portrait of a Lady“ ist so perfekt inszeniert, daß sich dies fast gegen den Film wendet. Wie seine Heroine kann er leicht kühl und abweisend wirken. Aber auch wenn die Emotionen nur selten aufbrechen, ist doch jede Szene von ihnen durchtränkt. Um den Horror von Lady Archers Eheleben spürbar zu machen, reicht es Jane Campion zu zeigen, wie ihr Gatte absichtlich auf ihr Kleid tritt und sie so zum straucheln bringt. (hip) Schauburg, UT-Kinocenter, Apollo (Whv)

S

Signers Koffer Schweiz 1995, R: Peter Liechti, D: Roman Signer

„Ein leerstehendes, verfallenes Kurhotel irgendwo in der Schweiz. Plötzlich blitzen Feuerwerkskörper auf, synchron öffnen sich Fensterläden der obere Etage. Momente später wird wiederum gleichzeitig jeweils ein Hocker aus jedem der Fenster katapultiert. Die Möbelstücke zerschellen auf dem Vorplatz. Skulpturen des Zufalls, ein absurdes Stilleben. Urheber dieses Zustandes ist der Aktionskünstler Roman Signer. Der Film begleitet ihn bei der Suche nach idealen Schauplätzen, die seinem künstlerischen Konzept entgegenarbeiten. So erleben wir den Krater des Stomboli, über dessen Schlund Signer Raketen mit sehr langen roten Bändern schießt. Roman Signer parodiert das Feierliche allgegenwärtigen Vernunftdenkens und besteht dabei gleichzeitig auf testamentarischer Ernsthaftigkeit. Sein Portrait ist eine hochvergnügliche Exkursion zu den Randzonen der Existenz, in jene Bereiche, wo sich Erhabenheit und Nonsens auf beruhigende Weise vermischen.“ (tip) Kino 46

Spuk im Hochhaus DDR 1982, R: Günter Meyer, D: Katja Paryla, Heinz Rennhack

Einer der vielgerühmten Kinderfilme aus der DDR, die jetzt langsam auch in unsere Kinos kommen. Zwei betrügerische Wirtsleute werden im 18. Jahrhundert durch einen Fluch dazu gezwungen, zweihundert Jahre nach ihren Missetaten sieben gute Dinge zu vollbringen, um erlöst zu werden. So bringen sie 1982 das alltägliche Leben in einem Ostberliner Hochhaus durcheinander. Gondel

Star Trek - Der erste Kontakt USA 1996, R: Jonathan Frakes, D: Patrick Stewart, Brent Spiner, Marina Sirtis

„Die leidige Frage, ob dieser neue, tricktechnisch exzellente Star-Trek-Streifen denn auch ein guter Film sei, zielt wie bei seinen Vorgängern ins Leere. Ein Mythos ist weder gut noch schlecht. Wer an Star Trek glaubt, wer den Geist der Fernsehserie und ihren Erzählrhythmus verinnerlicht hat, wird auch „Der erste Kontakt“ mögen. Schließlich beantwortet der Film nicht nur die brennende Frage, wie das war, damals im 21. Jahrhundert, als Mensch und Vulkanier einander zum ersten Mal „Live long and prosper“ wünschten.“ (tip) Europa, Ufa-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

T

Tödliche Weihnachten USA 1996, R: Renny Harlin, D: Geena Davis, Samule L. Jackson

„Stell Dir vor, Du bist Profikiller und weißt es nicht! Die unter partieller Amnesie leidende Lehererin Samantha Caine, die mit Mann und Tochter bis dato ein idyllisches Familienleben führt, wird eines Tages zur Zielscheibe unangenehmer Zeitgenoßen. Geena Davis macht auch als weiblicher Bruce Willis eine gute Figur, doch der innere Konflikt ihrer Rolle ist kaum nachvollziehbar. Renny Harlin, finnischer Regisseur und Ehemann von Geena Davis, kann ohne Zweifel gut mit Action und Explosionen umgehen; aber reicht es, am Schluß einfach alles, was sich nicht wehrt, in die Luft zu jagen? Wohl nicht.“ (V. Bleeck) UFA-Stern, UT-Kinocenter

Trainspotting Großbritannien 1995, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Ewen Bremner

„Trainspotting war einmal ein Buch, das Theaterstück wurde und dann Film. Dieser fischt bevorzugt die komödienhaften Elemente aus dem Stoff heraus und treibt sie auf die Spitze. Der Kult um die Geschichte einer Vorstadtclique beweist zweierlei: Die Junkies sind unter uns und Britannien produziert wieder ,Lebensgefühl'“ (taz) UFA-Stern

V

Der verrückte Professor USA 1996, R: Tom Shadyac, D: Eddie Murphy, James Coburn

„ Murphy hat jetzt seine eigenen Dämonen. Sie mögen ihn als den ausgeflippten, 200 Kilo schweren Professor Sherman Klump gar nicht erkennen, aber wenn er abnimmt und als der arrogante Buddy Love auftritt - einem schleimigen Egotomanen, der am lautesten über seinen eigenen Witze lacht, Frauen wie Spielzeuge behandelt und mit Freuden Shermans Karrier vernichtet, dann folgt der Schock des Wiedererkennens. Murphy macht sich gnadenlos über seine eigenen schlechten Gewohnheiten lustig und wenn er dies macht, hat der Film genug pointierten Humor, um ein Comeback zu rechtfertigen. Eddie Murphy ist wieder witzig.“ (Rolling Stone) UFA-Stern

Versprochen ist versprochen USA 19996, R: Brian Levant, D: Arnold Schwarzenegger, Sinbad, James Belushi

„Der Film zum Merchandising. So weit mußte es ja irgendwann kommen: Arnold Schwarzenegger als besorgter Daddy, der bis zur Bescherung unbedingt das neue Superspielzeug für den Sprößling auftreiben muß. Was kommt als nächstes? De Niro läuft Amok, weil die Batterien im Gameboy fehlen? Demi Moore zeigt alles auf der Suche nach „Striptease-Barbie“? Wir können's kaum erwarten.“ (V. Bleek) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Virginia Grütter - stärker als der Schmerz Deutschland 1995, R: Quinka Stoehr Deutschland 1995, R: Quinka F.Stoehr

„Sie ist heute 67 Jahr alt, lebt in Costa Rica, wo sie auch geboren wurde, doch ihr Lebensweg führte sie nach Kuba, Chile, Nicaragua, ins Kriegsdeutschland der Nazis und in die DDR. Als Theaterregisseurin machte sie Brecht in Mittelamerika bekannt, als Schriftstellerin veröffentlichte sie Gedichtbände und Romane. Der Film portraitiert eine außergewöhnliche Frau, die sich trotz familiärer und gesellschaftlicher Gewalt aus den ihr zugewiesenen Rollen befreit hat.“ (Kommunalkino Bremen) Kino 46