Leichtglauben leichtgemacht

■ Drei Monate lang begeisterte ein auswärtiger Priester in einer katholischen Pfarrei durch sein Engagement die Gemeinde. Dann stellte sich heraus, daß er gar kein Priester war

Er war der Traumkandidat jedes Bischofs und jeder Gemeinde: Axel V., der im Herbst in der katholischen Gemeinde Heilig Geist in Charlottenburg als Priester aushalf, war jung, dynamisch und freundlich. Wie kaum ein anderer Jungpriester konnte der Mann, der stets in schwarzem Priesterrock und weißer Kragenbinde auftrat, auf Gläubige und besonders auf die Kinder zugehen und Messen feiern, die die Charlottenburger ChristInnen begeisterten. Der Priester Axel V. hatte nur einen Fehler – er war kein Priester.

Vorgestellt hatte sich der 36jährige bei der Gemeinde in der Bayernallee als „Priester aus dem Bistum Innsbruck“, der sein Sabbatjahr in Berlin verbringe und ab und zu in einer Gemeinde aushelfen wolle. Der Gemeinde, die von Ordensbrüdern der Steyler Missionare betreut wird, erschien die Hilfe für Seelsorge und Jugendarbeit als ein Geschenk des Himmels. Axel V. wurde mit offenen Armen empfangen und machte, wie Gemeindemitglieder erzählen, seine Sache sehr gut. In einem Bistum, das über akuten Mangel an jungen, begeisterungsfähigen Priestern klagt, fiel er angenehm auf.

Dieses Aufsehen führte dann auch zu seiner Enttarnung. Als die Kunde von dem jungen Priester andere Gemeinden erreichte, erwachte bei Pfarrerskollegen das Mißtrauen. Eine Frage nach dem „Zelebret“, dem Priesterausweis der katholischen Kirche, brachte die Köpenickiade zu einem schnellen Ende. Axel V., der als Sozialarbeiter gearbeitet hatte und dann arbeitslos geworden war, erklärte, er habe schon immer als Priester arbeiten wollen – allerdings ohne die theologische Ausbildung seiner Amtsbrüder. Mit einem ähnlichen Trick, so heißt es aus Kirchenkreisen, sei er bereits in seiner Heimat Österreich vor einigen Jahren erfolgreich gewesen.

Um das in Zukunft zu vermeiden, veröffentlichte die bischöfliche Verwaltung im „Amtsblatt des erzbischöflichen Ordinariats Berlin“ am 1. Januar eine „Warnung“: Aus aktuellem Anlaß „wird wiederum darauf hingewiesen, daß bei Unbekannten, die zelebrieren möchten, immer die Vorlage des Zelebrets und des Personalausweises verlangt werden muß.“

Das Bistum Berlin lacht über „Heilig Geist“. In der Gemeinde selbst trauert man dem verlorenen Priester nach. Der Mann, der sich inzwischen in Berlin in therapeutischer Behandlung befindet, hat nur Gottesdienste abgehalten und keine kirchlichen Amtshandlungen wie Taufen oder Hochzeiten vollzogen. Damit nämlich hätte er die kirchliche Verwaltung in die arge Bedrängnis gebracht, über die Gültigkeit dieser Handlungen zu entscheiden. Mit der weltlichen Justiz hat sich der angebliche Priester ohnehin angelegt: Laut Strafgesetzbuch ist ein solcher „Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen“ strafbar. Bernhard Pötter