Nicht immer, aber IMmer öfter

■ PDS-Bundessprecher Hanno Harnisch gesteht seine Tätigkeit bei der Staatssicherheit als IM „Egon“ von 1976 bis 1989. Sein Motiv: „Den Sozialismus besser machen.“ An einen Rücktritt denkt er aber nicht

Berlin (taz) – Gut eine Woche vor ihrem Bundesparteitag in Schwerin holt die PDS die Vergangenheit ein. Der Pressesprecher der Partei, Hanno Harnisch, räumte gestern nach einer zuvor veröffentlichten Bild-Meldung seine jahrelange Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit ein. Der 43jährige, der jahrelang als Redakteur beim DDR-Jugendradio DT64 gearbeitet hatte, war nach eigenen Angaben von 1976 bis zum Frühherbst 1989 für die Stasi als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) unter dem von ihm selbst gewählten Decknamen „Egon“ tätig. An einen Rücktritt denkt Harnisch – ein Vertrauter von Parteichef Lothar Bisky – aber nicht.

Nach seiner eigenen Schilderung wurde er 1976 während seines damaligen Studiums im russischen Rostow durch die Stasi zur Zusammenarbeit genötigt. Schon bald aber habe sich seine IM-Tätigkeit „mit Trotz, Überzeugung, dem Bestreben, den Sozialismus besser zu machen“, vermischt, erklärt er im taz-Interview. Er bedauert, seine IM-Tätigkeit zu DDR-Zeiten nicht offengelegt zu haben. Damals „hätte es Sinn gemacht“. Nach Angaben der Gauck-Behörde war aufgrund von Presseanfragen eine Stasi-Karteierfassung von Harnisch entdeckt worden.

Details zur Zusammenarbeit von Harnisch mit der Stasi liegen derzeit noch nicht vor. Der Betroffene macht im taz-Interview auch keine genauen Angaben. Er sei vom Abwehrdienst der DDR geführt worden. Nach Informationen der taz soll es sich dabei um die Hauptabteilung II gehandelt haben, die das klassische Feld der Spionageabwehr abdeckte – unter anderem Kontakte mit Westjournalisten und Verbindungen von DDR-Bürgern ins „kapitalistische Ausland“.

Hanno Harnisch selbst erklärt, er sei wohl auch wegen seiner „weltoffenen Art“ und seiner Kontakte zu DDR-Intellektuellen von Interesse gewesen. Auf die Frage, ob er jemandem geschadet habe, antwortet er: „Der dümmste Satz, den man in dieser Situation sagen kann, ist: Ich habe niemandem geschadet.“

Nach Angaben von Harnisch ist seine Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter bereits vor über einem Jahr durch Bärbel Bohley und deren Berliner Rechtsanwalt Uwe Lehmann-Brauns publik gemacht worden. Damals habe sich aber niemand dafür interessiert.

Eine offizielle Stellungnahme der PDS war gestern zunächst nicht zu erhalten. Der Bundesvorstand hatte sich am Nachmittag zu seiner wöchentlichen Sitzung im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin getroffen. Severin Weiland

Interview auf Seite 4