Zuviel Gegacker, zuwenig Eier

■ Der Regierende Bürgermeister Diepgen verteidigt die Große Koalition. SPD soll Weg für eine Vermögensveräußerung frei machen. Grüne: Senat legt nur faule Eier

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hat seine Jahrespressekonferenz dazu genutzt, gegenüber dem Koalitionspartner SPD einige Pflöcke einzuschlagen. Wenige Tage vor dem SPD-Sonderparteitag, der sich mit dem umstrittenen Verkauf von Bewag und Gasag befaßt, machte Diepgen klar: „Die Entscheidungen werden im Senat getroffen.“

Den verschiedenen Vorschlägen aus SPD-Kreisen, wonach statt Verkäufen die landeseigene Beteiligungen an den Wasserwerken und der Gasag zu einer Holding zusammengefaßt werden könnten, erteilte Diepgen eine Absage: „Jede Erörterung von Holding- Modellen geht völlig fehl.“ Zumindest die Bewag könne „niemals“ in eine Holding einbezogen werden.

Das Erscheinungsbild der Koalition sei im vergangenen Jahr auf beiden Seiten nicht optimal gewesen, räumte Diepgen ein. „Es wurde zuviel gegackert und zuwenig Eier gelegt.“ Dazu merkte der Fraktionsvorsitzenden der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, an: „Selbst die wenigen Eier mußte Herr Kunzelmann beisteuern.“ Der Apo-Rebell hatte in diesem Jahr wegen Eierwürfen auf Diepgen vor Gericht gestanden. „Noch nie hat ein Senat die Stadt so schlecht regiert wie diese Große Koalition“, erklärte Wieland. Statt für „Ordnung auf dem Hühnerhof“ zu sorgen, lege dieser Senat „leider nur faule Eier“.

Der Fraktionsvorsitzende der PDS, Harald Wolf, erklärte: „Die Große Koalition hat nicht nur keine Lösung für die Herausforderungen der Zeit anzubieten, sie wird zunehmend selbst zu einem Teil des Problems.“ Auf Diepgens Seitenhieb, es gebe keine Alternative zur Großen Koalition, „wenn man keine politischen Abenteuer eingehen“ wolle, entgegnete Wolf: „Real ist arithmetisch und programmatisch eine linke Reformalternative denkbar.“

Selbst Diepgen zeichnete die Aussichten für die BerlinerInnen eher in düsteren Tönen: die Konsolidierung des Haushalts werde „Belastungen und Einschränkungen“ mit sich bringen. Politik werde noch einige Zeit nur in von Sparzwängen begrenzten Spielräumen betrieben werden können. Dies müsse jedoch nicht nur als Last, sondern auch als Gestaltungschance begriffen werden.

Diepgen bekräftigte, daß sich der Senat auf die staatlichen Kernaufgaben konzentrieren müsse, ohne diese im einzelnen zu benennen. Mit Blick auf Leistungen, die durch Bundesgesetze festgelegt sind, mahnte er eine Debatte um Pflichtaufgaben des Staates an.

Überraschend deutlich fiel Diepgens Bekenntnis zur Bezirksgebietsreform aus – ein Vorhaben, das CDU-intern auf Widerstand stößt. Der Beschluß des Senats, die Zahl der Bezirke auf zwölf zu reduzieren, stehe fest, diese Zahl sei jedoch „keine heilige Kuh“. Die Zielrichtung stehe fest, egal ob am Ende zehn oder dreizehn Bezirke dabei herauskämen. Auf die Frage, wo er Selbstkritik üben würde, erklärte Diepgen: „Vielleicht war ich im letzten Jahr nicht immer streitsüchtig genug.“ Er habe mehr auf „geduldiges Zuhören und sanftes Drängen“ als auf Machtworte gesetzt. „Ich kann aber auch anders.“ Dorothee Winden