Bosniens Serben drohen mit Unruhen

■ Plavšić lehnt Auslieferung von Karadžić und Mladić in einem Brief an den UN-Generalsekretär strikt ab

New York/Sarajevo (dpa/AFP/ taz) – Als „Herausforderung des Sicherheitsrates“ haben hohe westliche Diplomaten die Weigerung der bosnischen Serben bezeichnet, ihren ehemaligen politischen Führer Radovan Karadžić und General Ratko Mladić an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag auszuliefern. Die Kontaktgruppe für das ehemalige Jugoslawien beriet am Mittwoch in New York erstmals über das Schreiben von Biljana Plavšić, Präsidentin der bosnischen Serben. Beteiligte Diplomaten aus den neun Mitgliedsstaaten der Gruppe kündigten anschließend Initiativen im Sicherheitsrat an.

Die Auslieferungsforderung, heißt es im Plavšić-Brief, gehe auf Resolutionen des Weltsicherheitsrats aus dem Jahr 1993 zurück, in denen die Lage als Bedrohung des internationalen Friedens bezeichnet wurde. Diese Situation bestehe aber heute nicht mehr. Es gebe keine Berichte mehr über Massenmorde, Vergewaltigungen oder „ethnische Säuberungen“.

Der Friede sei wiederhergestellt: „Deshalb ist die konstitutionelle Basis für die Einrichtung des Tribunals unter den Artikeln 39 und 41 der UN-Charta nicht mehr vorhanden.“ Prozesse gegen Karadžić und Mladić würden „massive zivile und militärische Unruhen“ auslösen. Diese Gefahr sei „noch höher, wenn irgendein Versuch unternommen würde, Dr. Karadžić und General Mladić zu jagen und sie zwangsweise vor Gericht zu stellen“, schrieb Plavšić an den UN-Generalsekretär.

Hart bleiben wollen die bosnischen Serben auch in der Frage der Zugehörigkeit der Stadt Brčko. Deren Status war im Dayton-Abkommen ausgeklammert worden. Bis zum Sonntag finden in Rom Gespräche über die Zukunft der Stadt statt. Die mehrheitlich muslimische Stadt war 1992 von den bosnischen Serben erobert worden. Mehrfach hatten die bosnischen Serben mit einem Wiederaufflammen der Kämpfe gedroht, sollte eine Schiedskommission die Stadt der muslimisch-kroatischen Föderation zusprechen. Der Brčko-Korridor verbindet die im Norden und Osten gelegenen Teile der bosnischen Serbenrepublik miteinander. Ursprünglich hatte die Schiedskommission schon Ende Dezember eine Entscheidung treffen wollen. Die Muslime fordern die Rückgabe der Stadt.