Mit Klopapier und Blechschüsseln

■ Wie sich Japans Fischer gegen die Ölpest wehren und die Regierung in Tokio zuschaut. Jetzt soll die Armee ausrücken

Tokio (taz) – Die japanische Reaktion auf Katastrophen ist seit dem Erdbeben von Kobe Legende: Während der sonst so reibungslos funktionierende Staat im Zeichen der Krise handlungsunfähig wird, reagieren die Bürger mit beispielhafter Selbsthilfe. Was jedoch in Kobe schon bald für ein geregeltes Leben in den Ruinen sorgte, erweist sich dieser Tage in Westjapan vor den auf Sturmwellen anrollenden Ölteppichen des Japanischen Meeres als lächerliche Geste menschlicher Hilflosigkeit.

Da wateten am Donnerstag 200 Fischer mit Masken und Handschuhen über den Strand ihrer Präfektur Ishikawa, um angeschwemmte Ölrückstande einzusammeln. Etwas weiter südlich in der Präfektur Kyoto erwarteten 250 Dorfbewohner die Ölpest in ihrem Hafen mit Blechschüsseln an langen Holzstangen. Mit ihnen schöpften sie den bis zu 30 Zentimeter dicken Ölschlick von der Meeresoberfläche. Noch sorgfältiger gingen die Anwohner der Halbinsel Tango vor, deren unter nackten Füßen wegen seiner Sauberkeit quietschende Sand eine Touristenattraktion ist. Dort saugten die erschrockenen Bewohner den Ölfilm mit Klopapier von ihrem geliebten Sandstrand ab.

Mit so viel Einsatz gingen die japanischen Regierungsbehörden bisher nicht vor. Obwohl der russische Tanker „Nachodka“ mit 19.000 Tonnen Öl schon vor einer Woche im Japanischen Meer versank, fanden bis heute keine größeren Säuberungsaktionen statt, angeblich wegen hohen Wellengangs. Der Gouverneur von Fukui hat jetzt die Armee angefordert, aber – wie einst sein Kollege in Kobe – erst, als diese gestern erstmals auf eigene Taten sann.

Die Katastrophe aber ist nicht mehr abzwenden: 300 Kilometer schönste Küstenlandschaft waren bereits gestern von der Ölpest betroffen. Die starken Winde verteilen das Öl immer weiter, und die Quelle – weiterhin befinden sich über 10.000 Tonnen Öl im Schiffswrack – ist noch nicht gestopft. Immerhin, vor den Atomkraftwerken wurden Ölzäune errichtet, damit das Kühlwasser nicht verdreckt. Georg Blume