„Beweglicher als andere Parteien“

■ Exbürgerrechtler Konrad Weiß Gast auf der CSU-Klausurtagung

taz: Was wollten Sie, der Exbürgerrechtler und frühere Bundestagsabgeordnete der Bündnisgrünen, einer Partei mit auf den Weg geben, die sich vor allem damit hervortut, mit ihrem Koalitionspartner FDP zu streiten, und gerade Überlegungen anstellt, Nicht- EU-Ausländern fünf Jahre lang eine Arbeitserlaubnis zu verweigern?

Konrad Weiß: Ich wollte die CSU auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth nicht bekehren. Es ist aber wichtig, daß die Abgeordneten im Westen hören, wie es im Osten ist, daß sie informiert werden über die unbefriedigende wirtschaftliche und politische Entwicklung. Es gibt im Osten einen Nachholbedarf an Demokratie, zugleich Passivität, Wegschieben von Verantwortung und nach wie vor eine Autoritätsfixierung.

Selbst wenn die CSU davon noch nichts wüßte, was sollte sie für Schlußfolgerungen aus diesen Erkenntnissen ziehen?

Sie muß einsehen, daß parteipolitisches Denken nicht weiterführt. Sie sollte nach Gemeinsamkeiten mit den anderen Parteien suchen, sich mehr den Sachfragen zuwenden. Die Probleme sind zu groß, als daß sich FDP und CSU ihre Spielereien leisten könnten. Ihre Streitereien sind lediglich Ausdruck ihrer Defizite. Dadurch wird das Ansehen der Parteien beschädigt.

Befürchten Sie nicht, daß Sie von der CSU als liberales Deckmäntelchen instrumentalisiert werden? Schließlich treten sie, anders als die CSU, für ein liberales Ausländerrecht ein. Einige Leuten könnten sagen: Na, wenn der Weiß da hingeht, scheinen die ja nicht so schlimm zu sein.

Die CSU ist in Menschenrechtsfragen in mancher Hinsicht beweglicher als andere Parteien.

Aber die CSU steht für harte Asylpolitik, für Abschiebung von Straftätern, für Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft.

Sicher, die CSU ist nur in manchen Menschenrechtsfragen beweglicher – etwa in ihrer Gegnerschaft zur Umweltverschmutzung durch die Degussa in Papua-Neuguinea. Andererseits wäre die von ihr jetzt geforderte fünfjährige Arbeitssperre für Nicht-EU-Ausländer fatal. Ich glaube aber nicht, daß es dafür eine Mehrheit gibt. Es gibt in jeder Partei Hardliner, aber auch welche, mit denen man sprechen kann. Es ist eine vernünftige Tradition, Leute einzuladen, die aus anderen politischen Richtungen kommen. Vielleicht stütze ich durch meinen Besuch diejenigen in der CSU, die offener sind.

Wären Sie auch zu einer Veranstaltung der PDS gereist?

Vor fünf Jahren hätte ich das noch gemacht. Damals gab es Anzeichen, daß die PDS sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und Verantwortung tragen will. Doch das ist vorbei. Die haben die Zeit genutzt, um über ihre Sauereien Gras wachsen zu lassen und haben ihre Schäfchen ins trockene gebracht.

Es ist schon erstaunlich. In aktuellen politischen Fragen wie der Ausländerpoltik ist eher die CSU Ihr Gegner als die PDS. Dennoch ist die PDS ihr erklärtes Feindbild.

Die PDS redet den Leuten nach dem Mund, verspricht alles und jedes, hat kein eigenes politisches Konzept.

Das würde mancher von der FDP auch behaupten...

Aber die PDS tradiert Haltung und Positionen, die aus üblen Traditionen kommen: Untertänigkeit, Abhängigkeit, Kadavergehorsam. Etwa 90 Prozent ihrer Mitglieder sind ehemalige SED-Leute. Die sind kaum reformbereit. Ich bekomme böse anonyme Briefe, mir werden Waren ins Haus geliefert, die ich gar nicht bestellt habe. Ich sage nicht, daß das PDS-Mitglieder sind, aber die PDS distanziert sich nicht von solchen Leuten. Dieselben Leute, die mich damals als Pazifisten drangalisiert haben, sind heute auf Befehl ihrer Partei pazifistisch geworden. Da stimmt doch was nicht. Die PDS ist nicht pazifistisch, sondern eine Partei der Volksarmisten.

Kann es sein, daß bei Ihnen und anderen Exbürgerrechtlern die Ablehnung der PDS in erster Linie persönlich motiviert ist?

Das sind persönliche Geschichten, ganz klar. Interview: Markus Franz