Bisky wußte von Harnischs IM-Tätigkeit

■ PDS-Chef war seit über einem Jahr informiert. Pressesprecher soll bleiben

Berlin (taz) – Hanno Harnisch begrüßte die Journalisten zur Pressekonferenz, auf der die PDS-Reformer ihren Kommentar zum Parteiprogramm präsentierten, als sei nichts gewesen. Die Journalisten waren höflich und beließen es bei einem wissenden Gesichtsausdruck. Natürlich interessierte ES alle, aber sie stellten keine Fragen. Vielleicht waren sie genauso verunsichert wie der PDS-Pressesprecher Harnisch selbst, der gestern so verkrampft war wie selten zuvor.

Am Mittwoch hatte Harnisch zugegeben, 13 Jahre als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für die Stasi gearbeitet zu haben. Nachdem er es am Mittwoch vormittag noch geleugnet hatte, wirkte er nach seinem „Geständnis“ auch irgendwie befreit. Wenn auch verunsichert, so redete er doch am Rande der Pressekonferenz über seine IM- Tätigkeit. Er nannte auch zwei Namen von DDR-Intellektuellen, die er bespitzelt hatte: die Schriftstellerinnen Monika Maron und Katja Lange-Müller.

Parteichef Lothar Bisky gab der taz gegenüber zu, von der IM-Tätigkeit Harnischs seit einem Jahr gewußt zu haben. „Ich bin auch hier bei meinem Stil geblieben, mit dem Betroffenen in Ruhe darüber zu reden und die Sache differenziert zu beurteilen.“ Über eine Ablösung Harnischs als Pressesprecher denkt die PDS-Spitze derzeit aber nicht nach. Es ist davon auszugehen, daß die Parteispitze Harnisch halten wird, wenn der Druck von außen nicht zu groß wird.

Die IM-Tätigtkeit von Harnisch wurde bereits in einer Klageschrift der Exbürgerrechtlerin Bärbel Bohley an das Bundesverfassungsgericht vermutet. Dabei ging es um einen Rechtstreit vor Hamburger Gerichten, die Bohley untersagt hatten, Gregor Gysi einen Stasi- Spitzel zu nennen. Bohleys Anwalt Uwe Lehmann-Brauns zitierte gestern aus dem Schriftsatz vom 23. Januar 1996, in dem es heißt, daß es sich bei dem Pressesprecher der PDS „vermutlich ebenfalls“ um einen „ehemaligen MfS-Informanten“ handele. Jens König