Flüchtlinge halb erfroren

■ Syrische Familie ist südlich von Berlin von Schleppern ausgesetzt worden

Berlin (taz) – Endstation Autobahn. Eine fünfköpfige syrische Familie ist am Donnerstag morgen von der Polizei an der A9 Berlin- Nürnberg aufgefunden worden. Sie waren völlig ausgehungert und halb erfroren. Am Abend vorher sind sie an der Autobahn von Schleppern ausgesetzt worden und hatten die Nacht in einem leerstehenden Gebäude bei minus sechs Grad verbracht. Fast 24 Stunden hatten sie nichts mehr zu essen und zu trinken bekommen.

Zwei der Familienangehörigen waren mit schweren Unterkühlungen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Mittlerweile ist die 46jährige Mutter mit ihren vier Kindern aber in einem Flüchtlingsheim in Eisenhüttenstadt untergebracht.

Bei der Polizei gaben die Flüchtlinge an, von einem Schlepper über die Türkei nach Berlin gekommen zu sein. Mitten auf der Autobahn auf dem Weg nach Gießen hatten sie dann plötzlich den Kleinbus verlassen müssen.

Die Flüchtlingsfamilie will jetzt einen Asylantrag stellen. Zwar steht Syrien nicht auf der berüchtigten Liste der Nichtverfolgerstaaten, dennoch ist die Aussicht der Flüchtlinge auf Anerkennung sehr gering. Nur religiöse Minderheiten aus Syrien, wie zum Beispiel Christen oder auch Kurden, haben eine kleine Chance. Oppositionelle müssen ihre direkte Zugehörigkeit zu illegalen Gruppen nachweisen, was angesichts der Flucht und Unterdrückung schwer ist. Zu den sogenannten Nichtverfolgerstaaten zählen Länder, in denen nach Auffassung des Ministerrats der Europäischen Union Menschen nicht vom Staat verfolgt werden. Erst im Dezember waren zwölf Kinder und vier Erwachsene, zumeist aus Bangladesch, halb erfroren von der Polizei im Spreewald aufgegriffen worden. Sie waren von Schleppern illegal über die deutsch-polnische Grenze gebracht und dann nur leichtbekleidet bei minus 15 Grad ausgesetzt worden (die taz berichtete).

Die Schlepper überlassen die Flüchtlinge ihrem Schicksal 30 Kilometer hinter der Grenze, so können sie nicht gleich nach Tschechien oder nach Polen abgeschoben werden. Die Flüchtlinge können dann zumindest einen Asylantrag stellen. Nathalie Daiber