Grüne verjagen Gespenst

■ Bundestagsfraktion schließt mit der „Wörlitzer Erklärung“ jede Zusammenarbeit mit der PDS aus, um „Gespensterdebatte“ zu beenden

Wörlitz (taz) – Die Bundestagsfraktion der Bündnisgrünen schließt eine Zusammenarbeit mit der PDS, „sei es in einer Koalition oder in Form einer Tolerierung“, aus. Das ist die Kernaussage einer Erklärung, die die Fraktion gestern in ihrer Klausur im sachsen-anhaltinischen Wörlitz verabschiedet hat. Lediglich drei Bundestagsabgeordnete enthielten sich der Stimme.

Mit der „Wörlitzer Erklärung“ reagiere die Fraktion, so ihr Vorsitzender Joschka Fischer, auf die „reine Gespensterdebatte“ um eine mögliche Zusammenarbeit mit der PDS. Diese Diskussion hatte am vergangenen Donnerstag neue Nahrung erhalten durch die „Erfurter Erklärung“, in der 20 linke Intellektuelle ein Oppositionsbündnis unter Einschluß der PDS zur Ablösung der Regierung Kohl gefordert hatten. Fischer erklärte gestern, er glaube nicht, „daß das funktionieren kann“. Im Jahr 1998 gehe es vielmehr um eine Mehrheit für Rot-Grün, die bestehende oder eine Große Koalition.

In ihrer Erklärung bekräftigt die bündnisgrüne Fraktion, 1998 wolle man zusammen mit der SPD die Regierung Kohl ablösen. Doch macht sie auch deutlich, daß es in den ostdeutschen Ländern „neben der Fortsetzung der erfolgreichen rot-grünen Koalition in Sachsen-Anhalt um den Wiedereinzug in die ostdeutschen Landtage“ gehe.

Fischer geht davon aus, daß die „Wörlitzer Erklärung“ nun in der Partei diskutiert und „möglichst schnell“ entschieden wird. Die Diskussion auf der Tagung mit den SPD-Politikern Wolfgang Clement und Rudolf Dressler diente nach Fischers Worten dazu, den Reformstau in der Bundesrepublik aufzulösen. Dabei sei der Hauptdissens zu Clement, daß dieser an der Fortschreibung der Strukturen festhalte.

Der PDS-Bundesvorsitzende Lothar Bisky bezeichnete es gestern als „legitimes Wahlziel der Grünen“, auf Bundesebene eine Mehrheit allein mit der SPD anzustreben. Die bisherigen Erfahrungen mit rot- grünen Regierungen ließen allerdings erhebliche Zweifel daran, daß dies „gegen die PDS erreichbar sein wird“. Sachsen- Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) meinte dagegen: „Ein Regierungswechsel 1998 in Bonn kann in keiner Weise durch Stimmen der PDS zustande kommen.“ Dieter Rulff

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