Weit gereist, doch fehl am Platze

■ betr.: „Auf der Nationalstraße 1“, taz vom 4./5.1. 97

„Tut, tut, knatter!“ So so. Da geht ihr jetzt der herzallerliebste Mopedlärm ab und das „vietnamesische Lächeln“.

Kein bißchen Selbstkritik? Kann wohl nicht verlangt werden, schon überhaupt nicht von einer deutschen Pauschaltouristin, die auf ihren „Exotikbonus als blonde Langnase“ vertraut, wenn sie sich im falschen Outfit von einer „Clique Vietnamesen“ zum Tanzen schleppen läßt. Oder wollten die eigentlich woanders hin? Und wieso fallen mir dauernd Blondinenwitze ein?

Auf japanischen Softchoppern durch Vietnam, das kann schon mal verwirrend sein, vor allem, wenn mensch nun überhaupt nicht so gnadenlos Brettern kann wie zu Hause, weil die „gute Asphaltstrecke in heimtückische Schlaglöcher“ mutiert.

Die Weitgereiste war wohl gleich mehrfach fehl am Platze, denn das holprige Zusammengestückel von Fetzen und Fakten gibt kein Bild von der N 1, sondern eher eins von schlechter Vorbereitung: Auf solchen Strecken ist mensch immer noch am besten auf einer Enduro aufgehoben und weiß, wie mit Montierhebeln und Flickzeug umgegangen wird.

Wahrscheinlich ist sie die ganze Zeit völlig breit durch die Gegend geeiert, von wegen „Morgennebel“, nix da, „Reiswein und Schnaps“ haben die Sicht getrübt und es ist ein mittleres Wunder, daß die Bagage bei derartiger „Vorbereitung“ überhaupt wohlbehalten bis Hanoi gekommen ist. War wohl so, daß Luc und Hai, von Petra für Mechaniker gehalten, die Besoffskis immer wieder auf ihre Stühle gehievt haben. Und die Schlaglöcher sind verkehrsberuhigende Maßnahmen. Aber: Warum sich solche Gedanken machen, wo doch heischende Betroffenheit beim Anblick von Tunneln „ohne Tageslicht und Lüftung“ sich heimelig breitmacht. Dafür läßt sie sich die Mopedstiefel ganz mondän mit „Zahnbürste und Wichse“ bearbeiten. Warum auch nicht? Wer ein Hotel für (mindestens) 190 (US?) Dollar empfiehlt, hat's ja und muß sich keine Gedanken um Kleinigkeiten machen. Wer Mechaniker braucht, um einen Kupplungszug zu wechseln oder einen Plattfuß zu beheben, sollte sich weiter artig auf der Autobahn eckige Hinterreifen holen. Oder sonstwo rumdüsen, aber bitte ohne sich darüber dann auch noch in der taz zu verbreiten und mir das Frühstück zu versauen. Jörg Jenetzky, Bielefeld