■ Die Türkei droht der Republik Zypern mit Krieg
: Falsch gerüstet für den Frieden

Frieden schaffen mit immer mehr Waffen – mit dieser Methode glaubten die griechischen Zyprioten gegenüber dem übermächtigen Nachbarn Türkei bestehen zu können. Diese hält seit nunmehr 22 Jahren den Nordteil der Insel besetzt. Kompromißlösungen für eine Wiedervereinigung wurden von Ankara mehrfach blockiert, wo man den militärischen Zwerg Zypern nicht allzu ernst zu nehmen brauchte. Also rüstete die Republik Zypern auf – nicht, um ein militärisches Gleichgewicht zu erreichen, wie man glaubhaft versicherte, sondern um den Preis des Gegners im Kriegsfall möglichst hoch zu treiben. Der konservativen Regierung ging es freilich noch um etwas anderes: Der Zypernkonflikt, so glaubte sie, werde dank der eigenen Hochrüstung nicht in Vergessenheit geraten, USA und EU würden gezwungen sein, ihren Druck auf die Türkei zu verstärken, um eine Explosion des Pulverfasses im Ostmittelmeer zu verhindern.

Diese Strategie hat nun bestens funktioniert – nur sind die griechischen Zyprioten die Verlierer. Der vereinbarte Kauf russischer Raketen, die noch auf dem Gebiet der Türkei Flugzeuge zerstören könnten, hat tatsächlich die USA wachgerüttelt. Nur nehmen die nicht für die Zyprioten Partei, sondern für die Türkei. Eine derartig schlagartige Veränderung des militärischen Gleichgewichts sei dem Nato-Partner nicht zuzumuten. Ankara selbst droht für den Fall der Stationierung der Raketen gar mit Krieg. Zypern ist isolierter denn je – und das zu Beginn einer von den USA geleiteten Friedensinitiative, die eigentlich die Wiedervereinigung bringen sollte, und vor den Verhandlungen für eine EU-Mitgliedschaft.

In Brüssel, London und Bonn ist das Interesse an einer Integration Zyperns auf den Nullpunkt gesunken. Krisenherde gibt es schließlich auch ohne die Insel in der EU genug. Die Friedensinitiative der USA aber könnte für die griechischen Zyprioten zum Desaster werden. Nicht die Türkei, der Aggressor und Besetzer von Nordzypern, steht nun auf der Anklagebank, sondern die angeblich so friedlichen Zyprioten. So könnte am Ende der Verhandlungen auch nicht die erhoffte Wiedervereinigung stehen, sondern die völkerrechtliche Anerkennung der Teilung, hübsch verpackt mit ein paar Gebietskorrekturen. Doch das wäre immerhin noch die zweitschlimmste Lösung. Schlimmer wäre ein Krieg – ausgelöst, weil man mit Aufrüstung dem Frieden näherkommen wollte. Klaus Hillenbrand