Und ewig rülpst die Dogge

■ Enttäuschende Uraufführung von Daniel Calls „Gärten des Grauens“ im Malersaal

Der Teufel kommt aus Düsseldorf heißt ein Stück des jungen Autors Daniel Call, das 1996 am Schauspielhaus eben jenes diabolischen Ortes uraufgeführt wurde. Nun, mit der zweiten Uraufführung eines Stücks des 29jährigen in Hamburg, wurde klar: „Düsseldorf ist überall.“ Gärten des Grauens lautet der vielversprechende Titel der Boulevardkomödie, die Corinna Bethge im Schauspielhaus in Szene setzte.

Der grauenhafte Garten ist aus Kunstrasen und reicht bis zum Horizont, was nicht besonders weit ist, weil Horizonte in Vorstadtsiedlungen eher beschränkt sind. Das wird überdeutlich, sobald die Figuren auf die Bühne treten. Da ist Siggi (Wolfgang Pregler), ein verkappt intellektueller Chemiker, der „gerne mal ein Pfeifchen schmaucht“ und dabei die chemischen Zusammensetzungen aller möglichen Dinge aufzählt. Anfangs fällt er überdies damit auf, daß er jeden Satz mit „Schatz“, „Schatz?“ oder „Schatz!“ beendet. Schatz ist seine Frau Sonni (Annelore Saarbach), eine hysterische Boutiquebesitzerin, die gerne mal über Mode redet oder über Mode. Gemeinsam sind sie aus der Stadt in ein Reihenhäuschen gezogen – eben jenes, das mit seinem Garten unaufhaltsam zum Schauplatz des Grauens mutiert.

Am Anfang ist die Welt natürlich in Ordnung. In ihrem Neonlicht-Wohnzimmer mit Barbie-Frisiersaloncharme reden sie gerade davon, daß man doch in die SPD eintreten sollte, um austreten zu können, als in der Gartentür die personifizierte Fröhlichkeit, das heißt das Grauen selbst erscheint. Es kommt in Gestalt von Siggis Bruder Friedo (Max Hopp), Jogginghosen tragender Elektriker, und seiner Frau Frieda (Inka Friedrich), Stretch-jeans tragende Mutter von fünf Kindern. Sie sind die neuen Nachbarn. „Wann kommen die Möbel?“ ist alles, was ihnen zum reduzierten Ambiente einfällt. Und damit's nicht so kahl bleibt, bringen sie heimlich eine rustikale Sperrmüllsammlung mit Makramee und Schäferhundstickerei. Der Krieg beginnt.

Das Stück hingegen hört an dieser Stelle eher auf. Zwar passiert noch einiges – der Gartenzaun wird mit Strom geladen, die prachtvolle Kinderschar verschwindet im Rachen der rülpsenden Dogge, und auch die für solche Grotesken obligatorische Kettensäge wird ausgepackt, aber dramaturgisch überrascht nichts mehr und der Dialogwitz des Anfangs ist erschöpft. ndeten deutschen Schlager nichts.Zwischen RTL-Nachtprogramm und Splatter-Movie-Anleihen wird es öde, da helfen auch die eingeblendeten deutschen schlager nichts.

Man weiß nicht recht, ob es einem leid tun soll um Bethge, weil sie für ihre erste Inszenierung im Malersaal so eine schwache Vorlage hatte, oder um Call, weil die Umsetzung aus seinem Stück nicht souverän etwas gemacht hat, was potentiell daraus hätte werden können. So aber sieht man das alberne Grauen und summt leise: „Wärst du doch in Düsseldorf geblieben...“

Christiane Kühl