Die StudentInnen werden immer teurer

■ Sozialabgaben sorgen für Einbrüche auf dem studentischen Arbeitsmarkt

Berlin (taz) - Seit der Einführung der Rentenversicherungspflicht im vergangenen Oktober müssen jobbende Studierende nicht nur auf zehn Prozent ihres Lohns verzichten. Auch den Hochschulen entstehen Kosten, die gerade dort Reformen blockieren, wo sie am aussichtsreichsten sind: bei den TutorInnen-Programmen etwa und überall dort, wo studentische Hilfskräfte für einen dezentralen und selbstverwalteten Lehr- und Lernbetrieb sorgen.

Ein Drittel der insgesamt mehr als 300.000 Studierenden, die im vergangenen Jahr im Westen mehr als 590, im Osten mehr als 500 Mark pro Monat verdienten, waren an den Universitäten beschäftigt. Die Hochschulen müssen nun den Arbeitgeberanteil der Rentenversicherung von inzwischen 10,15 Prozent zahlen. Dadurch und dank des anfallenden Verwasltungsaufwands, erklärt Margret Feit vom Deutschen Studentenwerk in Bonn, „entstehen den Ländern Kosten in zweistelliger Millionenhöhe“. Genauere Zahlen liegen bislang nicht vor. Klar sei jedoch, so Feit, daß die Universitäten bald an TutorInnen sparen würden. Auf diese Weise „konterkariert der Bund mit seinen sozialpolitischen Entscheidungen die Studienreformbemühungen der Länder“, meint Feit.

Doch es kommt noch dicker: Geplant ist, bald auch eine Krankenversicherungspflicht für Studierende einzuführen. Entsprechende Gesetzesänderungen, dies bestätigt eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministerium, „sind geplant“ und werden vermutlich noch dieses Jahr vorgelegt. Betroffen wären auch davon rund zwanzig Prozent der Studierenden im Westen und etwa acht Prozent im Osten, die nach der neuen Bemessungsgrenze vom 1. Januar mehr als 610 Mark (West) beziehungsweise 590 Mark (Ost) verdienen.

Eine Sozialversicherungspflicht für Studierende ist laut Feit jedoch „der falsche Schritt zur falschen Zeit in die falsche Richtung, weil und solange die Ausbildungsförderung nicht ausreicht“. Solange Studierende auf das verdiente Geld angewiesen sind, werden sich dadurch auch ihre Studienzeiten verlängern. Wer also Sozialabgaben zahlt, wird noch länger studieren.

Nicht nur den Universitäten, auch dem Arbeitsmarkt kommen Studierende jetzt teurer. Dank der Sozialversicherung werden Arbeitgeber, die sich Studierende für Aushilfsarbeiten leisteten, verschreckt. Um zehn Prozent, sagt Fred Hamann, Leiter der Jobvermittlung „Heinzelmännchen“ an der Freien Universität (FU) Berlin, sei die Nachfrage gesunken. Und „selbst wenn die Arbeitgeber die zusätzlichen Lohnnebenkosten noch verkraften, so ist ihnen der Papierkram dann doch oft zuviel“, sagt Hamann. Am härtesten, erklärt Hans-Peter Blank vom Sozialreferat des AStA der FU, trifft es diejenigen, die weder über Beziehungen noch über bestimmte Qualifikationen verfügen, um sich etwa ohne Hilfe der Arbeitsvermittler einen Job zu angeln: die nicht- deutschen Studierenden. Gerade Ausländerinnen und Ausländer, so Blank, empfänden die Verknappung des Arbeitsangebots und die neuen gesetzlichen Regulierungen als „bedrohlich“. Der AStA versucht nun durch Informationsveranstaltungen Verunsicherung abzubauen. „Wünschenswert“, sagt Blank, „wäre natürlich auch eine außerparlamentarische Gegenoffensive“. Ulrike Winkelmann