Verhaßte Uniformen

■ Rund 100 BremerInnen diskutierten lautstark mit Soldaten über die Bundeswehr

Die Herren in Uniform saßen korrekt und gerade auf ihrem Platz. Überpünktlich waren sie zur Diskussion „Quo vadis Bundeswehr?“ ins DGB-Haus gekommen – und trafen auf ein haßerfülltes Publikum. Die Bundeswehr nimmt seit 1989 Abschied vom Feindbild des Ostens. Doch für viele der anwesenden rund 100 Antimilitaristen, Pazifisten und Antifaschisten im Publikum waren die Haßfronten nach wie vor klar: Wer Uniform trägt, der kann nicht gut sein.

Eigentlich sollte es ja an diesem Abend im DGB-Haus um die neue Rolle der Bundeswehr gehen. Die „Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) hatte zum Streitgespräch mit Stabsfeldwebel Ludwig Moormann und Jugendoffizier Andreas Timmermann-Levanas geladen. Wie sieht es aus mit den Plänen des Verteidigungsministers, aus der Bundeswehr „Krisenreaktionskräfte“ und eine „schnelle, weltweite Eingreiftruppe“ zu machen? Eine Frage, die es zu klären galt. Doch zum Argumenten-Austausch kam es kaum: Schon eine Minute nach Diskussionsbeginn haute ein stadtbekannter Umweltaktivist auf die Männer mit ihren Plaketten ein: „Sie würden auch die nationalsozialistische Uniform tragen, wenn wir heute eine andere Zeit hätten.“ Klatschen im Publikumssaal – und ein ruhiges Konter vom angegriffenen Jugendoffizier: „Wäre es Ihnen lieber, wenn ich hier Badehose trage?“

Der Jugendoffizier entblößte sich jedenfalls nicht – die Kritiker mußten seine blaue Uniform ganze zwei Stunden ertragen. Zwei Stunden, in denen Stabsfeldwebel Moormann immer wieder im zackigen Tonfall klar machte: „Wir danken für unsere neue sicherheitspolitische Aufgabe. Wenn der Bundestag das so beschlossen hat, dann befolge ich das.“ Man sei nach Jugoslawien gegangen, um „Frieden zu schaffen. Da wird doch der letzte Pazifist einsehen, daß man solch eine Befriedung nicht mit Neckermann oder TUI durchführen kann.“

Einsicht aber konnten die Bundeswehrler von einer Uralt-Pazifistin im Publikum nicht erwarten. Statt Argumente vorzubringen, griff sie die beiden persönlich an. „Sie haben viel Geld, Ihnen geht es gut“, rief sie. „Sie bauen Bombodrome, um Massenmord-Übungen zu veranstalten.“ Und Podiumsgast Ansgar Schmidt, Bundessprecher der DFG-VK zog gleich die Parallele zur Nazizeit: „Humanitäre Dienste sind doch bloß ein Vorwand. Den Deutschen gehts doch um den Platz an der Sonne. Das war schon zur Kaiser- und Hitlerzeit so. Die wollten auch freien Welthandel und Zugang zu Rohstoffen haben.“

Doch das konnte der Jugendoffizier Timmermann-Levanas nicht auf sich sitzen lassen: „Wir sind doch keine Angriffsarmee, die ständig auf den Meeren durch die Welt geistert. Sie haben da wohl etwas nicht richtig verstanden,“ trug er zu seiner Ehrenrettung bei – und Peter Tobiassen von der „Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen“ sprang ihm bei: „Wir sind auf dem Weg einer Zivilisierung, von mehr Militarisierung kann keine Rede sein. Wir müssen Geduld haben mit unseren Kollegen von der Bundeswehr. Wir werden die schon zivilisieren“, sagte er und klopfte Stabsfeldwebel Moormann brüderlich auf die Schulter.

Doch da hatte ein anwesender Soldat im Publikum ob der vielseitigen Diffamierungen schon längst verzweifelt: „Ich will hier nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden“ – und die Antwort der grinsenden, haßerfüllten Kritiker kam prompt: „Du sollst ja gar nicht an den Rand, du sollst einfach abgeschafft werden.“ kat