Aufladbare Chipkarten stoßen noch auf Skepsis

■ Der Einkauf mit der Plastikkarte scheitert derzeit noch am flächendeckenden Einsatz von Lesegeräten. Chipkarten-Konferenz „omnicard '97“ gestern eröffnet

Anhänger bargeldloser Zahlungen und aufladbarer Plastikkarten dürften glänzende Augen bekommen haben. Als Teilnehmer der Chipkarten-Konferenz „omnicard '97“, die gestern eröffnet wurde, konnten sie an Bars und Kiosken des Tagungsortes mit einer Geldkarte bezahlen, auf der 10 Mark gespeichert sind und die wieder aufgeladen werden kann. Die Realität holte die 450 Experten jedoch selbst in der „Chipkarten-Oase“ ein: Telefoniert werden konnte mit dem Kleingeldersatz aus Plastik nicht. Die Telekom sei mit den dafür nötigen Geräten nicht nachgekommen, so die Veranstalter.

Sparkassen und Banken haben seit dem Jahreswechsel verstärkt Karten mit Speicherchips eingeführt. Schätzungsweise mehr als 30 Millionen Geldkarten dürften inzwischen im Umlauf sein. Mit dem „Geldbeutel in Chipformat“ will das Kreditgewerbe dem elektronischen Zahlungsverkehr zum Durchbruch verhelfen. Nicht nur beim Bäcker oder im Supermarkt soll per Chip eingekauft werden können. Auch beim Kauf von Bahntickets soll die lästige Kleingeldsuche wegfallen, da auf den Karten Geldeinheiten gespeichert sind.

Das Elektronikportemonnaie kann mit bis zu 400 Mark geladen werden und benötigt beim Bezahlen keine Geheimzahl. Vorausgesetzt – der Bäcker oder Schuhverkäufer verfügt über ein Kassengerät. Und dies ist eines der Probleme, die sich in Tests in Süddeutschland zeigten. Durch den Feldversuch in Ravensburg und Weingarten sieht sich der deutsche Einzelhandelsverband HDE in seiner Skepsis bestätigt. Die Umsatzanteile von Geldkartenzahlungen hätten dort lediglich 0,5 bis 1,1 Prozent betragen, so HDE-Experte Stefan Schneider auf dem Kongreß. Von Schlagworten „schnell“ und „kostengünstig“ sei nicht viel zu spüren gewesen: „Man braucht kein Prophet zu sein, um für die nächsten Jahre dem Zahlen per Geldkarte keinen nennenswerten Anteil an den Zahlungsmitteln im deutschen Einzelhandel vorherzusagen.“ Auch die Stiftung Warentest stellt fest: Begeisterung für die neue Ära habe sich jedoch nicht eingestellt: Es hätten schlicht mobile Kartenleser gefehlt.

Wie die deutsche Kartenlandschaft in zwei bis drei Jahren aussieht, ist noch völlig offen. Die „Revolution im Portemonnaie“ finde nur statt, so Verbraucherexperten, wenn Bargeld von einem Netz von Zahlstellen und Automaten verdrängt wird. Ein Chipkartenhersteller fragte, wo denn auf dem Kongreß die Kunden zu Wort kämen? „Wer sagt uns, was der Anwender will.“ Was nütze neueste Chiptechnologie, wenn sie am Verbraucher vorbeigehe. André Stahl, dpa