Bewag-Belegschaft verunsichert

■ Nach dem Beschluß über den Bewag-Verkauf ist die Stimmung verhalten bis angespannt. Angst vor Jobverlust

Das blaue Schild fordert unmißverständlich: Auf dem Werksgelände ist Helmpflicht! So strömen sie beim Schichtwechsel um 14.30 Uhr aus allen Werksecken Richtung Feierabend: grüne und braune, gelbe und orangefarbene Schutzhelme. Die Stechuhr am Tor des Bewag-Heizkraftwerks in der Köpenicker Straße stempelt im Akkord, der Pförtner nickt zum Gruß. Man schweigt. Alle Mitarbeiter wissen seit heute: Der Verkauf der städtischen Bewag-Anteile von 50,8 Prozent ist beschlossene Sache.

Und alle wissen auch: Vor normalen Arbeitsunfällen kann man sich schützen, vor dem schwersten oft nicht: Arbeitslosigkeit. Auch wenn die Bewag nicht verkauft würde: der Abbau von einem Fünftel der Belegschaft in den nächsten Jahren ist unumgänglich. Dem Staatsunternehmen a.D. droht eine deftige Rationalisierungskur. Und hier weiß jeder: Rationalisierung bedeutet Entlassungen.

„Wie das Häschen vor der Schlange“, fühlt Peter Brockmann, Schichtarbeiter, man wisse ja überhaupt nicht, was auf einen zukomme. Niemand sage, wie die Stellenkürzungen abgefedert würden. Die Belegschaft warte nur ab. Seine Kollegen stimmen schulterzuckend zu: Angst um seinen Arbeitsplatz habe jeder, bestätigen sie. Aber was solle man machen? Abwarten sei die einzige Möglichkeit. Die Gewerkschaften, fügt einer noch an, auf die setze man natürlich auch Hoffnungen.

Oder in die Politik? Das Vertrauen scheint zu bröckeln: „Es ist einfach tragisch, daß der Arbeitgeberflügel der SPD die Oberhand gewonnen hat“, schimpft Wolfgang Quander, langjähriger Bewag-Techniker. Die Genossen begäben sich auf Felder, die einst Negativaushängeschild der CDU gewesen wären.

Dazu kämen die „Polittouristen“, für Quander ein Ärgernis: „Da kommen auf einmal Leute wie Fugmann-Heesing und machen sich breit, obwohl sie die Verhältnisse nicht kennen.“ Da wurde der falsche Weg eingeschlagen, findet auch ein Kollege aus der Systemsteuerung: „Wenn die Bewag bei der öffentlichen Hand bliebe, wäre das die bessere Lösung für uns.“

Die Bewag-Belegschaft ist verunsichert, die Angst um den Arbeitsplatz geht um – doch kämpferischen Elan vermittelt vor dem Werkstor kaum einer. Die Stimmung sei verhalten bis angespannt, heißt es, man schaue auf Betriebsrat und Gewerkschaften. Einer empfiehlt, unablässig Briefe an den Vorstand zu schreiben, nicht lockerzulassen, bis klare Aussagen gemacht werden. Irgendwelche Sicherheiten.

Die bunten Helme wandern auf den Autorücksitz, es geht heimwärts. Einer von ihnen muß sich über Arbeitsplatzsicherheit schon jetzt keine Gedanken mehr machen. „Ich bin Azubi“, ruft der junge Mann im Vorbeigehen, „die werden sowieso nicht übernommen!“ Klemens Vogel