Welträtsel gelöst! Von Thomas Gsella

Heute wird es gleichviel knifflig wie erfreulich, denn ich will Orakel sein und das mit Abstand drängendste Menschheitsrätsel lösen. Achtung: Welcher Art ist eigentlich jener Magnetismus, der grad die schönsten Frauen immer wieder sich an Idioten hängen macht? An Halunken, Deppen und Idioten? Klärung und Vertreibung dieses Nebels scheinen insofern sehr fruchtbar, als man das Komplementärproblem gleich mitanpackt: Legionen feinziselierter Männer legen nämlich all ihr Herz in die Hände sei es blasser, sei's staubdoofer Glucken, pardon: Glück. Warum, warum?

Ja, warum? Kürzlich riß mein Kreuzband, und ich durfte mich als Krüppel, d.h. etwas Andersgehender begreifen. Auf zwei grauen Stelzen humpelte ich durch die Welt und mußte aber merken, daß diese meine schadhafte Erscheinung die Frauen auf just jene Weise faszinierte, von der meine gesunde ja doch träumen tut! Frage: Welcher Logik beziehungsweise Hexerei verdankt die Krücke Einlaß in den Tempel der erotischen Signalreize? Ist es die Gewißheit, daß Krüppel Frauen nichts tun können? Oder sollen Männer allgemein gar nicht intakt sein, sondern möglichst interessant und mißgebildet? Damit die Frau auf ihre Schönheit um so stolzer sein kann? „Du, gestern hat Nobby einen Fuß verloren. Na, das ist vielleicht süß!“ Gehen so Frauengespräche? Liegt da die eine Hälfte des Geheimnisses?

Au weia, ich weiß auch nicht. Frauen, scheint mir, sind vergleichbar, aber doch vor allem anders. Meine erste Liebe verdiente ich mir, indem mein Unterarm „ganz toll“ war. Die zweite schmolz daran, wie ich so Zigaretten halte. Danach kam „Else“ Nummer 3 und starrte auf die Venen meiner rechten Hand. Die nächste fiel herein auf dicke Haare, die mir seit neuestem aus den Ohren kommen. Ts, ts. Haben wir Männer denn wirklich so wenig? Oder ist hier jemand nicht ganz dicht? Dient es übrigens der Women's Lib als solcher, wenn SIE sich grundsätzlich in Kinkerlitz vergafft? Mir soll's ja recht sein, aber – Mist, jetzt blick' ich in meinem eigenen Orakel nicht mehr durch. Aber weiter. Kleinkindsaugen, heißt es, sind nicht in der Lage, eine Vielzahl Einzelheiten in ein summarisches Gesamttableau zu transformieren. Mangelt's dahingehend auch dem Wesen Frau? Und wirkt mein ach so doller Unterarm als quasi magisches Pars pro toto in dem Sinn, daß SIE sich sagt: „Den will ich haben. Mir egal, was dranhängt“?

Geahnt hab' ich ja so was. Die Illustrierte Stern enthüllte vor zwei Jahren, daß rein chromosomenhistorisch die Frau der Hauptmensch sei und der Mann eine gewucherte Klitoris oder so ähnlich; gute Psychologen sprechen längst von einem Schock, den der anfangs zwitterige Embryo in dem Moment erleide, in dem sich so ein Y-Bazillus einschleicht. Und der Kleine einsehen muß, daß er als metastatisch hochgeschossener Superkitzler auf die Erde fällt. Das ist wahrhaft kein Zuckerschlecken, bringt uns aber wieder auf die Spur der Rätsellösung: Was die Frau am Mann dranhängen macht, ist ihre eigene – Monsterparodie! An uns sieht sie, was für ein Schwein sie hatte, sucht sich den Abnormsten raus, und fertig ist der Lack. Die Liebe der Frau besteht aus vier Teilen Trost, aber sechs Teilen Schadenfreude. Und poppen können wir dann auch noch.