Unter der Zipfelmütze des großen Lümmels?z

■ betr.: „Die Erfurter Erklärung ist gut gemeint“, taz vom 10. 1. 97

[...] Weiß der Geier, in welcher Verfassung der Autor Eures Kommentars die Erklärung gelesen hat, wenn ihm der ganze Artikel als eine Kette von Wiederholungen appellierender Floskeln vorkommt. Jedenfalls muß ihm entgangen sein, daß die Erklärung die zentralen Forderungen enthält, mit denen B'90/Grüne bei der letzten Bundestagswahl programmatisch um die WählerInnengunst buhlte. Diese Inhalte werden in der Erklärung mit der Forderung verknüpft, daß die Oppositionsparteien im Bundestag, insbesondere die SPD, aus dem Schatten der Regierung treten. Die Erklärung geht offensichtlich auch von der Erfahrung aus, daß eine auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtete Reformpolitik nicht ohne außerparlamentarischen Druck möglich ist.

Daß die PDS in der Erklärung einbezogen ist, dürfte der eigentliche Grund sein, warum der Autor die guten Absichten der VerfasserInnen im Nichts der Realpolitik verschwinden läßt. Denn eine PDS-tolerierte Regierung ist in den Augen der SPD-Mehrheit und für das Befinden des bündnisgrünen Mainstreams schlimmer als eine Fortführung der jetzigen Kohl-Regierung. Aber warum schreibt der Autor das nicht?

[...] Auf die Frage, wo denn der Geist von 68 oder 89 inzwischen geblieben ist: vom 89er Geist weiß ich, daß er inzwischen teilweise zur CDU übergelaufen ist. Oh Deutschland, du Wintermärchen! Auch die taz hat sich unter die Zipfelmütze des großen Lümmels begeben. Vielleicht in der Hoffnung, bis zur nächsten Abo-Kampagne zu überwintern. Werner Ruhoff, Köln,