Hörspiel-Tip

Auf dem Berliner Bahnhof Friedrichstraße bleibt eine S-Bahn stehen. Dem Ostberliner Fahrer sind die eigenen Probleme über den Kopf gewachsen. Seine Frau ist krank, der Sozialismus gescheitert, die Schulden hoch und auch der geliebte Hund wird vom Schicksal nicht verschont. So beschließt er, demonstrativ auf dem Bahnhof zu warten und alle Dinge auf sich zukommen zu lassen.

Während der Verkehr zusammenbricht, macht sich unter den Fahrgästen Nervosität breit. Menschen, die sich mit Mühe fünf Stationen gegenüberstehen, müssen nun Stunden miteinander ausharren. Es entspinnen sich die seltsamsten Dialoge. Ein Skin fetzt sich mit der Junkiebraut, ein Club alter Herren faselt über die Politik und das Leben und eine Münchenerin gibt ihre pazifistisch-esoterischen Erfahrungen zum besten. Regisseurin Annette Jainski unterstützt in dem Hörspiel Der Hund des S-Bahn-Fahrers ist tot von Astrid Litfass den Hang des Stückes zur symbolträchtigen Hauptstadtposse nach Kräften. Dennoch kann kein echtes U-Bahn-Gefühl entstehen, weil die Stimmen der Sprecher ohne Hintergrundgeräusch zu hören sind. Diese konventionelle und sterile Regie bekommt dem Stück nicht gut. In der Atmosphäre dauernder Symbolik verlieren die Personen Authentizität, und so erlebt man im besten Falle ein ins Radio verlegtes Theaterstück. Wegen der interessanten Idee der Autorin lohnt es sich dennoch einzuschalten. NDR 4, Sonntag, 21.05 Uhr

Peter Schmitz