König für einen Tag und Trottel fürs Leben

■ Die Pathetiker Faith No More entschlacken ihren Monsterrock und leben wieder

Es ist der Rausschmiß des Gitarristen, der bei allen Beteiligten Spuren hinterließ. „Wenn unter den anderen jemals eine Einheit bestanden hat,“ resümiert Jim Martin gegenüber einem Musikmagazin, „dann nur deshalb, weil sie gemeinsam gegen mich waren.“ Dabei ist dies keineswegs das erste Ausschlußverfahren in der Bandgeschichte von Faith No More, nicht das erste Mal, daß aus neuen Verbindungen in der Bandchemie Koalitionen wachsen, die jenem den Job kosten, der sie nicht zu seinen Gunsten nutzen kann.

Bereits 1989, FNM standen mit Introduce Yourself kurz vor der massenhaften Akzeptanz als Crossover-Pioniere, wurde Sänger Chuck Mosley kurzerhand durch Mike Patton ersetzt. Das Konzept Band, als idealistische Gemeinschaft Gleichgesinnter, wurde bereits hier diskreditiert. Künstlerische Debatten wurden mit Ausgrenzung beendet und Instrumente per Annonce besetzt.

Als öffentliche Projektionsfläche galten nun der Derwisch Patton im Widerstreit mit dem Phlegmatiker Jim Martin. Mit langer Mähne, gezackter Gitarre und seltsam geschichteten Brillen verkörperte dieser ganz den Rocker alter Prägung. Doch daß dies nicht gutgehen konnte, zeichnete sich schon mit den diversen Nebenprojekten ab, in die sich Patton einbrachte. Zusammen mit Avant-Jazzer John Zorn konnte man ihn im Schneidersitz auf dem Bühnenboden kauern sehen, wildwuchernde Sprachfetzen bis an die Grenze der Belastbarkeit ausstoßend. Nachdem Faith No More auf Stadionformat zum Mitsingen aufgebläht wurden, kehrte Patton vorübergehend zu Mr. .Bungle zurück, einem losen Projekt, das in unregelmäßiger Folge kuriose Singles auf den Markt warf und nun von Freund Zorn die entsprechend kantige Produktion verpaßt bekam.

Von Mr. Bungle wurde nun Trey Spruance an die Gitarre gelockt und zeigte sich auf King For A Day, Fool For A Lifetime deutlich aggressiver und experimentierfreudiger als Martin, der es gerne bei wenigen, effekthascherischen Riffs beließ. Auch Patton bringt nun selbstbewußt seine avantgardistische Seite ein, pathosbeladene Ausflüge im Zaum haltend. So umkurven Faith No More die Einbahnstraße, in die sie sich mit ihren epischen Soundscapes hineinmanövriert haben und kerben den Raum dichter. Eine legendäre Leiche lebt. Volker Marquardt

Fr. , 17. März, Docks, 20 Uhr