■ PDS-Parteitag: Bisky warnt vor „Bewährungshelfern“
: Ungebrochenes Lagerdenken

Ein einziger Satz in der Rede Lothar Biskys vor dem PDS-Bundesparteitag erhellt das momentane und kommende Dilemma dieser Partei: „Wir brauchen und dulden keine Bewährungshelfer“, sagte er. Und das richtete sich nicht nur gegen den Kanzler und seinen Lautsprecher Peter Hintze. Sondern gegen alle, die den Erben der Ruine SED kritisch gegenüberstehen. Gegen Grüne, gegen die SPD und alle, die die PDS ernst nehmen und trotzdem mit ihr keine ostalgische Verbindung stützen wollen.

In dieser Aussage liegt zudem ein Affront gegen PDS-Reformer wie André Brie, die längst jene Bewährungshelfer sind, die der Partei den Weg zum Hier und Heute mitbereiten können. Zwar räumte Bisky ein, mahnende Worte von außerhalb der Partei wohl zu bedenken. Doch die Wendung von den unbefugten Helfern verrät nichts als Angst, daß solche Hilfe den eigenen Laden sprengen könnte.

Man schottet sich ab. Verraten wird so die Idee, daß außerhalb des eigenen Milieus Menschen sind, die der PDS nicht denunziatorisch begegnen wollen. Und die trotzdem darauf beharren, daß auch diese Partei „im Westen ankommen“ (Brie) muß – und deshalb Bewährungshelfer braucht. Anders formuliert: Mit rührend harmlosen Bekenntnissen zum Sozialstaat, mit alarmistischen Schwüren über das kommende Schlimme oder Streicheleien der eigenen Parteiseele („Wer, wenn nicht die PDS ...“) wird alles verworfen, was aus den Krisen der Arbeiterbewegungen hätte gelernt werden können – die in der Implosion der DDR schließlich mündeten.

Daß Bisky überhaupt die Gelegenheit wahrnahm, die Kritiker allein wegen ihrer Kritik zu schelten, hat gewiß mit der realen Ausgrenzung der PDS zu tun – auch seitens der SPD und der Grünen. Es ist an ihnen, echte Bewährungshelfer zu werden. Ihre erste Tat müßte sein, die Rote-Socken-Falle der CDU zu ignorieren und mit der PDS 1998 als Mehrheitsbeschaffer zu spekulieren.

Das steht leider nicht zu erwarten. Und das schweißt die Mitglieder zwischen Stralsund und Zella- Mehlis, von Magdeburg bis Eisenhüttenstadt zusammen. Trotzdem wird die Referenz Biskys an das Parteigefühl nicht belohnt werden: Sobald die PDS bei irgendeiner der Wahlen im Osten verliert oder gar nicht mehr den Sprung in den nächsten Bundestag schafft, wird auseinanderfallen, was auseinanderfallen muß: Eine Partei, die Mittelständler und Linksradikale diskussionslos vereint, wird selbst im Osten kein Überleben haben. Jan Feddersen