William Jefferson Clinton: Bald vor Gericht statt bei G 7?

■ In der Affäre um „sexuelle Belästigung“ der Sekretärin Paula Jones geht es um mehr als nur markante Details

Es ist zweifellos kein guter Start, wenn das Volk nur kurz, nachdem es einen glorreichen Wahlsieg beschert hat, seine Aufmerksamkeit plötzlich wieder auf das Sexualverhalten des Wahlsiegers lenkt. Seit nunmehr über zwei Jahren muß sich der Präsident mit dem Vorwurf der sexuellen Belästigung und einer entsprechenden Zivilklage herumschlagen.

Unter „William Jefferson Clinton vs. Paula Corbin Jones“ wird jener Fall in den Akten geführt, mit dem sich seit Anfang dieser Woche sogar der Oberste Gerichtshof beschäftigt. Die neun Richter müssen entscheiden, ob ein amtierender Präsident für Handlungen gerichtlich belangt werden kann, die er vor seinem Amtsantritt begangen haben soll.

Konkret geht es um den 8. Mai 1991, an dem der damalige Gouverneur von Arkansas, Bill Clinton, während einer Konferenz in einem Hotel in Little Rock einen seiner Polizisten beauftragt haben soll, die damalige Sekretärin einer kleinen Behörde des Bundesstaates, Paula Jones, aus der Lobby in seine Suite zu bitten. Die willigte nach ihrer Darstellung ein in der Hoffnung, einen neuen Job geboten zu bekommen – und reagierte schockiert und empört, als der Gouverneur angeblich umstandslos die Hosen fallen ließ.

Daß sie mit dieser Geschichte erst drei Jahre später an die Öffentlichkeit ging, begründete sie mit der Angst, ihren Job zu verlieren, sowie mit dem Bedürfnis, ihren guten Ruf wiederherzustellen, nachdem sie in einer Zeitschrift als „feste Freundin“ Clintons dargestellt worden war. Daß sie zu diesem Zweck ausgerechnet auf einer Pressekonferenz einer rechten Anti-Clinton-Lobbyorganisation auftrat, interpretiert das Clinton-Lager bereits als Beweis für eine politisch motivierte Schmutzkampagne. Ihr Werbevertrag mit einer Jeansfirma für ein Modell mit dem vielsagenden Namen „No Excuses“ machte es leicht, ihr Geldgier als Klagemotiv vorzuwerfen.

Andererseits gibt es mehrere Zeugen, die unabhängig voneinander bestätigen, daß Jones an jenem Nachmittag im Mai 1991 „außer sich und sichtlich geschockt“ aus Clintons Zimmer in die Lobby zurückkehrte und dessen Entblößung en detail schilderte. Polizisten in Arkansas sagten zudem aus, daß sie in ihrer Eigenschaft als Leibwächter des öfteren abgeordnet worden seien, Frauen für den Gouverneur herbeizuholen. Als Clinton – inzwischen zum Präsidenten aufgestiegen – durch seinen Anwalt jegliche Begegnung mit Paula Jones im hosenlosen Zustand dementieren ließ, entgegnete diese, sie könne sich genau an ein „besonders markantes Detail“ des nunmehr präsidialen Genitalbereichs erinnern.

Versuche beider Parteien, sich außergerichtlich zu einigen, scheiterten, weshalb nun also die höchsten Richter des Landes darüber beraten müssen, ob Clinton noch während seiner Amtszeit oder erst im Jahr 2001 vor Gericht Auskunft geben muß. Die Entscheidung fällt voraussichtlich im Sommer – und nach dem Eindruck der Gerichtsreporter schreckte das Richtergremium vor dem Gedanken zurück, daß der Staats- und Regierungschef der einzigen Supermacht einen Nato-Gipfel abkürzen oder ein G-7-Treffen absagen muß, um mit einer Vorladung in der Hand vor Gericht die Beschaffenheit seines Geschlechtsteils zu erörtern.

Trotzdem: Die gegenwärtigen Schlagzeilen sind aus Sicht des Weißen Hauses schon schlimm genug. Da hilft auch nicht der Hinweis, daß einer von Clintons populärsten Amtsvorgängern, John F. Kennedy, seine Promiskuität in- und außerhalb des Weißen Hauses ganz ungeniert austobte – unter anderem mit Damen aus Mafiakreisen. Damals wagte einfach kein Journalist, einem Mitglied des Kennedy-Clans, jenem amerikanischen Königshaussubstitut, irgendeinen seiner unzähligen Skandale öffentlich nachzuweisen. Dreißig Jahre später werden bei einem Exgouverneur aus Arkansas andere Maßstäbe angelegt. Egal, wie die Entscheidung ausfallen wird, Bill Clinton kann schon jetzt Bittbriefe für seinen eigens eingerichteten Rechtsschutzfonds schreiben. Der Fall Jones allein hat ihn bislang nach Angaben der ZeitschriftNewsweek 1,5 Millionen Dollar gekostet.

Da kommt noch einiges dazu. Entweder jetzt oder im Jahr 2001.