Wie geht es im Winter den Kindern im Waldkindergarten?

Ist es zu kalt im Wald? „Jein“, sagt Frau Roitsch-Schröder, „nur ich kriege kalte Füße. Die Kinder rennen und butschern ja die ganze Zeit rum.“ Der Waldkindergartenim „Lindschlag“, einem Wäldchen bei Bassum, trotzt auch den aktuellen Minusgraden. Nur letzte Woche war zwei Tage lang der Bauwagen, das beheizbare Notquartier, zugefroren. Da mußten die Waldkinder ins nahegelegene Gemeindezentrum ausweichen, weil man mit steifgefrorenen Händen keine Brote essen kann. Doch sonst findet der Waldkindergarten draußen statt, und die Kleinen lernen den Unterschied zwischen tatsächlicher und gefühlter Temperatur. Minus zehn und Sonne ist warm gegenüber 0 Grad und feucht. Hanne Roitsch-Schröder, die Leiterin des Bassumer Waldkindergartens, nutzt die besorgte Nachfrage, um ein bißchen zu jubeln über ihr Projekt. Nach fast einem halben Jahr Frischlufterziehung stellt sie fest: Weil es kein vorgegebenes Spielzeug gibt, erfinden die Kinder eigene Spiele im Wald, was viel mehr Kommunikation erfordert. Deswegen machen sie erstaunliche Fortschritte in ihrer sprachlichen Entwicklung. Die Motorik ist, wenn es über Bäume und durch Bäche geht, bestens gefordert, was erwünschte Auswirkungen auf die Hirnentwicklung haben soll. Und erst die Abhärtung!

Man ist geneigt, an das Gute im Menschen zu glauben, wenn man hört, daß Waldkinder keinen Fernseher vermissen, überhaupt nicht, wie es die Art der kleinen verzogenen Gören zu sein scheint, über Langeweile klagen und daß sie Öko-Spiele erfinden: Steinchen plus Tannenzapfen plus Stöckchen gleich Bauernhof. Und wenn sie in den Bach fallen, ist das pädagogisch sinnvoll, weil sie lernen: Bach gibt kalte Füße. Das Land Niedersachsen finanziert das Modellvorhaben bis 2001. Prima für die Kinder ist der attraktive Personalschlüssel von zwei Erzieherinnen pro 15 Kinder (normal: 2:25). Prima für den Staat ist die Möglichkeit, von heute auf morgen Kindergartenplätze zu schaffen: Der Wald ist schon da. BuS/ Foto: Martin Storz/Graffiti