Nicht nur auf Geld aus Brüssel schielen

■ Friedensaktivisten, Politiker und Experten sind ratlos: Wie soll es weitergehen mit dem Bremer Konversionsprogramm?

Wenn in diesen Tagen die Reste der Bremer Friedensbewegung über das Thema Rüstungskonversion diskutieren, dann ist guter Rat teuer. Vom Vulkan überlebt wohl allein der Marineschiffbau, der Vorzeigebetrieb beim Umstieg auf zivile Produkte, die Deutsche Systemtechnik (DST), ist pleite und was die neuen Chefs von Rheinmetall mit STN Atlas Elektronik vorhaben, weiß noch niemand so genau. Nach Aussage von Betriebsrat Michael Ahlmann sieht es allerdings so aus, als würde eine neue Geschäftsleitung die zivilen und militärischen Geschäftsbereiche trennen – und damit dem Grundgedanken des Umstiegs von militärischer auf zivile Produktion zuwiderhandeln.

Wie soll es also weitergehen mit dem Bremer Konversionsprogramm, für das bis 2001 noch Fördermittel aus Brüssel fließen werden? Das war die Frage, die jetzt in einem „Ratschlag“ der Bremer Stiftung für Friedensforschung und Rüstungskonversion behandelt wurde. Und siehe da: Es wurde Tacheles geredet.

Zu Beginn hatte Horst von Hassel von der Stiftung den fehlenden Impetus der Politik beklagt, zu sagen: „Wir wollen hier keine Waffen produzieren“. Für das Konversionsprogramm, das sich mit der technologiebezogenen Förderung von einzelnen Firmen zu einer „Strukturhilfe für Betriebe“ entwickelt habe, müßten schärfere Kriterien formuliert werden, ein Beirat müsse Mitspracherecht bei der Mittelvergabe bekommen und an der Universität ein Institut für Konversionsforschung eingerichtet werden.

Angesichts dieser Worte und der gleichzeitigen Bekundungen allgemeiner Ratlosigkeit platzte dem Konversionsbeauftragen des Senats, Wolfram Elsner, der Kragen: „Der Druck von außen hat sich reduziert“, stellte der Professor fest. „Seid Ihr müde geworden? Laßt Ihr vertretungsweise Konversionspolitik machen?“, fragte Elsner die Aktivisten. Und: „Ich begreife nicht, warum jetzt größeres Mitspracherecht gefordert wird“. Es sei peinlich, angesichts der „inhaltlichen Schmalbrüstigkeit“ der vergangenen anderthalb Jahre einen mit Entscheidungskompetenzen ausgestatteten Beirat zu fordern.

Elsners Kritik weckte andere, die bis dahin stumm zugehört hatten. Der Ökonom Jörg Huffschmidt erklärte kurzerhand das gesamte seit 1990 laufende Programm für gescheitert: „Man soll sich nichts vormachen: Es hat trotz guter Politik keine relevante Konversion in Bremen gegeben.“ Die Firmen hätten ein paar Fördermittel mitgenommen, aber den zurückliegenden Abrüstungsschub ohne Umstellung der Produktion auf zivile Märkte verarbeitet. Ein ehemaliger Ingenieur der Pleite-Firma DST nannte es einen Fehler, Konversion als Technologieproblem behandelt und zu viele Technik-Projekte unterstützt zu haben. DST etwa habe sich angesichts der relativ hohen Fördermittel zu Projekten hinreißen lassen, die betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll waren.

Andere Friedensaktivisten sind heute der Meinung, man habe sich zu sehr im Senatsprogramm institutionalisieren und in einem machtlosen Beraterkreis ruhigstellen lassen. „Wir müssen wieder mehr Militarismus-Kritik machen“, sagte einer mit Blick auf künftige Aufgaben der Stiftung.

Ganz so weit wollte Elsner die Kritik denn doch nicht treiben. Es seien in vielen Firmen „zarte Pflänzchen“ gesetzt worden, viele Ingenieure dächten darüber nach, sich mit zivilen Produkten selbständig zu machen. Förderung von ehemaligen Rüstungsbeschäftigten sei allemal immer noch sinnvoll. Die Stiftung und die Gewerkschaften sollten Vorschläge für die Fortschreibung des Konversionsprogramms vorlegen, über die die Wirtschaftsdeputation im Frühjar entscheiden soll. Aber: „Man sollte nicht irgendwas aufschreiben, nur um die Knete aus Brüssel zu kriegen“, sagte Elsner. Schließlich müsse er später seinen Kopf hinhalten und eine sinnvolle Verwendung des Geldes nachweisen.

Joachim Fahrun