Denkmalschutz oder Schönwetterfliegerei

■ Eine denkmalpflegerische Rundfahrt durch die Karl-Marx-Allee nach Köpenick

Grauer Putz statt des typischen gelben Fliesendesigns wird die Fassaden der Wohnblöcke in der Karl- Marx-Allee in Zukunft schmücken, wenn das Land Berlin die geplanten Kürzungen des Etats für Denkmalpflege in die Tat umsetzt. In den fünfziger Jahren wurden die monströs anmutenden Gebäude längs der damaligen „sozialistischen Prachtmeile“ hochgezogen, dann jahrzehntelang vernachlässigt. Jetzt wird das gesamte Ensemble von dem privaten Investor Deutsche Pfandbrief Immobilien Management GmbH wiederhergestellt. Die Blöcke C Nord und C Süd wurden bereits – mit nur leichten Abstrichen – originalgetreu saniert. Auf einer denkmalpflegerischen Rundfahrt des Stadtplanungsausschusses stellte der Investor am vergangenen Samstag sein Konzept vor.

Fallen jetzt die Zuschüsse weg, kann die Firma aus Kostengründen nicht mehr nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten vorgehen. Daher fordert Helmut Engel, Leiter der obersten Denkmalschutzbehörde, weiterhin Staatsmittel bereitzustellen. Das Land Berlin könne es sich nicht leisten, ein Baudenkmal wie die Karl- Marx-Allee vergammeln zu lassen, findet der Landeskonservator.

Die Mieten der Wohnungen sind zur Zeit auf sechs Mark kalt pro Quadratmeter festgeschrieben. Weil die Kostenmiete aber bei 16 Mark liegt, subventioniert das Land derzeit die Differenz von zehn Mark je Quadratmeter. Diese Subvention soll in Zukunft wegfallen. Und auch auf Bundesebene wird zusammengestrichen: Die Abschreibungsprivilegien für private Denkmalpflege sollen im Rahmen der Steuerreform entfallen. „Denkmalschutz wird oft nur als Schönwetterfliegerei angesehen“, erregt sich Engel. Die traditionellen Denkmalensembles seien dabei äußerst wichtig für das Gesicht der Stadt. Und das dürfe nicht nur in Hochkonjunkturperioden ein Thema sein.

Beispiel Köpenick: Die Altstadt gilt als Flächendenkmal, erste Ansätze zur Sanierung sind gemacht. So wurde beispielsweise das Andersonsche Palais mit barocker Treppe und Dachstuhl wiederhergestellt. In Köpenick machen den Denkmalpflegern ästhetisch unakzeptable Neubauten das Leben schwer: Jüngstes Ärgernis ist das „Blaue Wunder“, ein modernes Geschäftsgebäude neben dem historischen Rathaus. Stadtentwicklungs-Staatssekretär Hans Stimmann fordert daher, Richtlinien für die Bebauung der historischen Altstadt zu erlassen. „Die Stadt soll repariert werden, aber eine Gestaltungssatzung fehlt“, bemängelt Stimmann.

Ein Kleinod Berliner Industriearchitektur wurde jüngst in Oberschöneweide restauriert: Der Peter-Behrens-Bau auf dem ehemaligem AEG-Firmensitz, einer typischen Berliner Industrielandschaft. Die Verantwortlichen hoffen, daß auf dem geschichtsträchtigen Gelände bald Mieter einziehen. Klemens Vogel