Graf darf nicht fliegen

■ Bei den Australian Open scheiden auch Steffi Graf und Anke Huber aus

Melbourne (taz) – Ratlos sieht Steffi Graf drein. Ungläubig starrt sie dem Ball hinterher, den ihre südafrikanische Gegnerin Amanda Coetzer an ihr vorbeigedroschen hat. Kein Ärger, kein Wutausbruch, nur Fassungslosigkeit. Langsam geht sie an den Rand des Centre Courts, um im schmalen Schattenstreifen ein wenig durchzuatmen. 6:2 gewinnt Coetzer den ersten Satz. „Gott sei dank gerade noch rechtzeitig“, wird die Weltranglisten-26. später zu Protokoll geben, „denn danach hatte Steffi einen Lauf.“

Schnell führte Graf im zweiten Satz mit 4:0 und schien die Tenniswelt wieder geraderücken zu können. Trotz dreier Doppelfehler gewann sie das hart umkämpfte Spiel zum 5:2, doch schon während dieses Spiels war sie zum Schiedsrichterstuhl gegangen, um die Turnierärztin rufen zu lassen. Die Weltranglistenerste war am Ende ihrer Kräfte angekommen. Massagen und Eisbeutel fruchteten nichts, erst nach eineinhalb Stunden hatte das Leiden ein Ende. Am Ende stand ein 6:2, 7:5 für Coetzer und das Achtelfinal-Aus für Graf bei den Australian Open.

„Das Aufstehen fällt mir derzeit unglaublich schwer“, hatte sie schon nach dem vorangegangenen Match gegen die Argentinierin Gorrochategui erzählt, „ich fühle mich dann so steif, daß ich mich kaum bewegen kann.“ Gestern war es so schlimm, daß sie schon ihr morgendliches Training hatte abbrechen müssen. Nach der Niederlage verließ sie fluchtartig die Anlage. So gut ihre Gegnerin an diesem Tag gespielt haben mochte, Steffi Graf hatte ihre eigenen Grenzen erreicht.

Eine Stunde nach Spielende gab die Turnierleitung bekannt, daß Graf nicht zur Pressekonferenz erscheinen könne. Nach einer ersten medizinischen Versorgung habe ihr der Turnierarzt die sofortige Rückkehr ins Hotel empfohlen, um sich dort weiter zu erholen, und außerdem ein Flugverbot erteilt. Im zweiten Satz habe sie einen Hitzschlag erlitten und außerdem habe ihr der schon seit einigen Tagen entzündete Zeh stark zugesetzt. „Ich hatte in dieser Hitze einfach nicht genügend Energie“, ließ Graf schriftlich mitteilen, „doch der Sieg gehört allein Amanda Coetzer, denn sie ist mit den extremen Bedingungen glänzend zurechtgekommen.“ Diese fand das nicht weiter verwunderlich: „Ich trainiere häufig in Florida und Südafrika, und da wird es auch oft ziemlich heiß.“

Kurz danach beteiligte sich auch Anke Huber beim grassierenden Favoritensterben, dem zuletzt Arantxa Sanchez-Vicario, Conchita Martinez und Lindsay Davenport zum Opfer fielen. 6:2, 6:3 gewann die Französin gegen die Selbstgespräche führende und Schläger werfende Heidelbergerin. Die in der Weltrangliste abgerutschte Pierce hatte sich an einem kühleren Ort für Australien gewappnet: „Ich habe drei Monate lang nur im Kraftraum trainiert, um meine Form wiederzufinden.“ Andreas Leimbach