Rindviecher blockieren Flüge nach Europa

■ Seit Tagen blockieren aufgebrachte Bauern den Mailänder Flughafen. Sie protestieren mit Kühen und Traktoren gegen ein Strafmandat aus Brüssel

Mailand (taz) – Was den Italienern fehlt, hat Futtermittelexporteur Berthold Mägerlein längst erkannt: „eine bessere Lobby und mehr Durchblick“. Derzeit kommt er mit seinen Ratschlägen nicht so gut bei Italiens Agrikultoren an – und ist seinerseits nicht gut auf sie zu sprechen. Seit Tagen blockieren italienische Landwirte mit über tausend Traktoren und Rindviechern die Zufahrt zum Mailänder Flughafen Linate. Mägerlein ist mit seinem Mietauto geradewegs in die Barrikaden hineingeraten, nicht aber wieder herausgekommen.

Anlaß des Protests ist eine Reihe Strafmandate aus Brüssel wegen „massiver Überschreitung der zugestandenen Milchquoten“. Schon 1994 hatte die für Landwirtschaft zuständige EU-Kommission umgerechnet 4,2 Milliarden Mark Buße verfügt. Der damalige Schatzminister Lamberto Dini handelte eine Milliarde Mark runter. Zum ausstehenden Rest kommen für 1995 330 Millionen Mark hinzu. Bislang weigern sich die Bauern, nur eine Lira zu bezahlen.

Speziell die Produzenten aus der Lombardei sind zu allem entschlossen. Dort sind die meisten Großbetriebe, während im Süden noch immer der Familienbetrieb vorherrscht. Die Südlichter müssen pro Betrieb nicht einmal mit einem Tausender Buße rechnen. Viele Großagrarier im Norden sehen sich vom Ruin bedroht, müßten sie doch mehrere Millionen Mark zahlen. Sonst sperrt Brüssel die bereits im Staatshaushalt eingeplanten Entwicklungsgelder für einige Regionen Italiens. „Wenn bezahlt werden muß, sollen das die in Rom machen“, meinen die Demonstranten.

Da geht Futtermittelexporteur Mägerlein der Hut hoch: „Ja was glaubt ihr denn, was eine Buße bedeutet? Die ist doch dazu da, daß Ordnung herrscht in Europa. Würde der Staat zahlen, wäre das eine Subvention, und die ist verboten.“ Recht hat er, doch die Bauern schütteln nur den Kopf. Die „Schlafmützen in Brüssel“ haben ihnen das Ganze eingebrockt. Die haben bei der Festlegung der Milchquoten pro Land 1984 „offenbar gepennt!“ schreit der Sprecher durchs Megaphon.

Jedes Land gab damals an, wieviel Milch es produzierte. Davon wurden 15 Prozent abgezogen. „Ihr Italiener habt viel zu geringe Angaben gemacht, so seid ihr eben mit einer winzigen Quote herausgekommen“, weiß Mägerlein. Die Bauern schütteln den Kopf: So recht er hat, so wenig kapiert er von ihren Nöten: „Als die uns nach unserer Produktion fragten, haben wir natürlich zuwenig angegeben, wir glaubten, die wollen nur wieder eine neue Steuer einführen.“ Werner Raith