■ Bremer Herointote: Das Scheitern der Drogenpolitik
: Wenn Minister Miami Vice spielen

In Bremen sind am Wochenende fünf Junkies durch hochdosiertes, zu 60 Prozent reines Heroin umgebracht worden. Gestorben sind sie am Heroin, doch die Todesursache hat einen anderen Namen: Die fünf Junkies sind Opfer einer erbarmungslosen Drogenpolitik geworden, die noch immer entgegen allen Erkenntnissen und erfolgreichen Modellversuchen vorwiegend auf Prohibition setzt. Daß die deutsche Drogenpolitik gescheitert ist, zeigen die schlichten Zahlen: Die Ziffer der Drogentoten hat sich seit 1974 verzwölffacht, die der Rauschgiftvergehen hat sich vervierfacht. Und die Zahl der Junkies bleibt trotz aller Verfolgung konstant bei 100.000 bis 120.000.

Daß die Drogenpolitik alten Stils auch volkswirtschaftlich in den Ruin führt, haben ökonomische Analysen gezeigt. Durch den riesigen Aufwand der Strafverfolgung und den Tribut der Beschaffungskriminalität kostet jeder Heroinabhängige die Gesellschaft im Jahr rund 130.000 Mark.

Dagegen stehen die Erfolge bisheriger Modellprojekte. Die Schweiz hat es vorgemacht: Kontrollierte Abgabe, Heroin auf Rezept. Nur so, das zeigt die Erfahrung, läßt sich der mörderische Schwarzmarkt wirklich ausräuchern. Nur so kann der Reinheitsgehalt des Stoffes überprüft werden. Wenn der Staat zum Dealer wird, haben die Drogenbosse, hat die ganze kriminelle Mischpoke von heute auf morgen ihren Markt verloren. Ende der Diskussion! Aber Horst Seehofer und Eduard Lintner spielen lieber Miami Vice.

Wenn es nicht so zynisch wäre, könnte man sagen, die fünf Junkies in Bremen sind gerade rechtzeitig gestorben. Am 29. Januar wird in Bonn über die Möglichkeit eines Modellversuchs mit kontrollierter Heroinabgabe in der Bundesrepublik entschieden. Wenn dieses Vorhaben abgebürstet wird, wäre das ein schwerer Rückschlag für eine – sagen wir es freundlich – noch immer reaktionäre, aber zumindest im Wandel begriffene Drogenpolitik.

Die Alternative kennen wir: Eine härtere Strafverfolgung bedeutet höhere gesellschaftliche Kosten, bedeutet höhere Schwarzmarktpreise, bedeutet mehr Elend für die Abhängigen. Solange die auf einen skrupellosen Schwarzmarkt angewiesen sind, so lange werden sie rauben und selbst dealen, um ihre Sucht zu finanzieren. Und so lange werden sie jämmerlich sterben, weil sie nicht wissen, was für ein Stoff gerade in Umlauf ist. Manfred Kriener