Banker sperren ihre Bosse ein

■ Protest gegen Pläne, französische Bank zu schließen

Paris (taz) – „Hände weg von meiner Bank!“ steht auf einem Fähnchen, das jemand in einen Palmentopf in der Eingangshalle des „Crédit Foncier de France“ gesteckt hat. Im nächsten Topf prangt die Botschaft: „Der Staat mordet unsere Arbeitsplätze.“ Die von Napoléon III. schon 1851 gegründete Bank ist besetzt – und das schon seit Freitag. Da lief den ansonsten diskreten Mitarbeitern im Hauptsitz am vornehmen Pariser Boulevard des Capucines bei einer Vollversammlung die Galle über: Sie setzten den Generaldirektor samt sieben weiteren Chefs in deren Büros fest, richteten sich in den Geldschaltern campingmäßig ein und verlangten einen Stopp der Umstrukturierungspläne.

Der Aufstand der Bankangestellten, den alle Gewerkschaften – von den Kommunisten über die Sozialdemokraten bis hin zu den Christen – gemeinsam tragen, ist der vorläufige Höhepunkt in einem monatelangen Kräftemessen zwischen der „Crédit Foncier de France“ (CFF) und dem Finanzminister Jean Arthuis. Letzterer will das ursprünglich für die Finanzierung im privaten Wohnungsbau gegründete, seit einigen Jahren defizitäre Institut loswerden. Die CFF soll aufgelöst und einer anderen Bank, dem auf sozialen Wohnungsbau spezialisierten „Crédit immobilier de France“, angeschlossen werden. Von 3.300 CFF- Angestellten sollen dabei 1.500 übernommen werden. Den übrigen droht Arbeitslosigkeit.

Die kleine Bodenkreditbank CFF ist zwar an der Börse notiert, hat jedoch als „gesamtgesellschaftlich wichtiges“ Institut seit Napoléon III. eine staatlich bestellte Führung. Bis 1995 hielt die CFF das Monopol bei der Ausgabe der staatlichen Hilfen für den Wohnungsbau der kleinen Leute. Seit dieses Monopol abgeschafft und durch zinsfreie Kredite, die von allen Banken gehandelt werden dürfen, ersetzt wurde, strebt die CFF ihrem Ende zu. Der Anfang der Schwierigkeiten datiert jedoch aus den späten achtziger Jahren, als Frankreich noch sozialistisch regiert war.

1989 entschied Finanzminister Pierre Bérégovoy, daß das Institut sparsamer arbeiten, also mehr Gewinn erwirtschaften müsse. Daraufhin machte sich die CFF an die Immobilienspekulation – ein Debakel, das allein im Geschäftsjahr 1995 Verluste in Höhe von 10,8 Milliarden Franc (ca. 3,2 Milliarden Mark) einbrachte. Im Folgejahr gelang es zwar, die Bank wieder in die Gewinnzone zu bringen – mit 1 Milliarde Franc plus –, doch da war das Damoklesschwert des Finanzministers bereits gefallen.

Die Bankbesetzer, die in den vergangenen Monaten bereits Demonstrationen und andere Protestarten ausprobiert haben, richten sich auf eine lange Aktion ein. Gestern verteilten sie die Büroräume und Matratzen so, daß in den kommenden Nächten jedeR ruhig schlafen kann. Auch die in ihren Büros bewachten Chefs. Dorothea Hahn