Moskau fordert konkrete Sicherheitsgarantien

■ Nato-Generalsekretär Solana trifft in Moskau mit Außenminister Primakow zusammen. Ziel ist die Ausarbeitung einer Charta über das beiderseitige Verhältnis

Moskau/Wien (AFP/taz) – Die russische Regierung hat konkrete und detaillierte Sicherheitsgarantien der Nato verlangt. Regierungssprecher Sergej Jastrschembski sagte nach den Verhandlungen über die geplante Osterweiterung der Allianz zwischen dem russischen Außenminister Jewgeni Primakow und Nato-Generalsekretär Javier Solana in Moskau, die Zeit der „Romantik in der Diplomatie“ sei vorbei. Er warnte im übrigen vor zu hohen Erwartungen. Das Gespräch von Primakow und Solana sei lediglich eine „erste Verhandlungsrunde“ gewesen. Die Versicherungen der Nato, eine Osterweiterung werde die Sicherheit Rußlands nicht bedrohen, seien „abstrakte und zu weiche Erklärungen, die nicht von konkreten Handlungen gedeckt werden“, betonte Jastrschembski. Solanas Besuch in Moskau bildete den Auftakt einer Reihe von Konsultationen zwischen Rußland und dem Westen auf höchster Ebene.

Solana hat bei den Gesprächen weitgehend freie Hand: Die Außenminister der 16 Nato-Staaten hatten ihm im Dezember ein „flexibles Verhandlungsmandat“ erteilt. Die Unterredung begann am Morgen in einem nicht näher bezeichneten Regierungsgebäude am Rande der russischen Hauptstadt, wie der russische Nato- Vertreter John Lough sagte. Solana versicherte der russischen Führung erneut, daß die Osterweiterung die Interessen Rußlands nicht bedrohe.

Die Nato will die geplante Charta spätestens auf ihrem Gipfel in Madrid im Juli unter Dach und Fach haben, wenn die ersten Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts zu Beitrittsverhandlungen eingeladen werden sollen. Polen, Ungarn und Tschechien gelten als erste Anwärter. Als nächste wichtige Station im Rahmen des Dialogs zwischen Rußland und dem Westen ist für den 2. Februar ein Treffen des russischen Präsidenten Boris Jelzin mit seinem französischen Kollegen Jacques Chirac vorgesehen. Zu den von Moskau geforderten Sicherheitsgarantien dürfte ein Mitspracherecht bei Entscheidungen von „vitalem Interesse“ sowie niedrigere Rüstungsobergrenzen bei den Unterzeichnerstaaten des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) gehören. Er war 1990 zwischen der Nato und dem damaligen Warschauer Pakt geschlossen worden. Ferner fordert Moskau, daß auf dem Gebiet seiner ehemaligen Bündnispartner keine Atomwaffen stationiert werden. Laut einer Umfrage sind 41 Prozent der Russen gegen eine Nato-Osterweiterung, dafür nur 15 Prozent.