Pariser Bankangestellte üben die direkte Aktion

■ Um den Verkauf des Unternehmens zu verhindern, setzten sie den Direktor fest

Paris (taz) – „Besetzt“ steht in großen Lettern auf dem Transparent an der Fassade des „Crédit Foncier de France“ im Zentrum von Paris. Hinter dem Transparent üben 1.200 Bankangestellte die direkte Aktion: Nachdem Demonstrationen und Appelle nichts brachten, sperrten sie am Freitag kurzerhand den Bankdirektor und sieben weitere SpitzenmitarbeiterInnen in Büros ein und ließen sich selber mit Isomatten und Schlafsäcken in der marmornen Schalterhalle nieder. Am ersten Tag ihrer Aktion wußten sie, daß es keinen Polizeieinsatz geben würde. Am zweiten Tag hatten sie ein Rendezvous beim Finanzminister. Am dritten Tag war Sonntag. Am vierten Tag – also gestern – schaltete sich der Premierminister ein und kündigte eine „Schlichtungsmission“ an.

Premierminister Alain Juppé, der gewöhnlich bei Arbeitskämpfen Wochen verstreichen läßt, bevor er reagiert, will den Konflikt der Bankangestellten, die erstmals derart radikal auf seine Sparpolitik reagieren, nicht weiter eskalieren lassen. Aber zum Erhalt der Bank und ihrer landesweit 3.300 Arbeitsplätze, wie es die BesetzerInnen fordern, ist er nicht bereit. Die Sanierung der Bank würde den SteuerzahlerInnen zu teuer kommen. Die KundInnen der auf den privaten Wohnungsbau spezialisierten Bank zeigten Verständnis für die Besetzung. Um sie nicht zu verärgern, haben die BesetzerInnen einen „Notservice“ eingerichtet.

Selbst der von der französischen Regierung eingesetzte Bankdirektor Jérôme Meyssonnier versucht, Verständnis zu zeigen. „Ich bin keine Geisel“, versicherte er am Sonntag gegenüber französischen JournalistInnen. Anschließend zog er sich in das Parterre-Büro zurück, vor dessen Tür seit vergangenem Freitag mehrere Streikposten rund um die Uhr über ihn wachen. Dorothea Hahn Bericht Seite 6