Sauber ausgerutscht

■ Die Philharmoniker verabschiedeten sich mit kreuzbravem Konzert vom CCB

Nach den grundsätzlich guten Aufführungen des letzten Jahres war es kaum zu glauben, daß solch ein Konzert wie das sechste philharmonische Orchesterkonzert am vergangenen Montag noch einmal dazwischenrutschen konnte. Denn selbst im Ausweichquartier im Congress Centrum (CCB) waren bislang durchweg stringente Interpretationen und eine wachsende Virtuosität des Orchesters zu hören und galt auch für Gestaltung der Programme das Qualitätssiegel „gut“. Doch beim Abschied vom CCB leistete sich das Orchester einen dicken Ausrutscher.

Schon die Programmgestaltung war die reine Enttäuschung. Die einfallslose Abfolge Ouvertüre – Solokonzert – Sinfonie ist an sich schon langweilig genug, auch wenn sie sich nicht immer vermeiden läßt. Aber wenn dieses Muster gefüllt wird mit Verdis isoliert gespielter, reißerischer Ouvertüre zu „Die sizilianische Vesper“, dann einem zeitgenössischen Violinkonzert, das Herrn Paganini alle Ehre machen würde, und am Ende der sechsten Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch, die sich in diesem Kontext nicht besonders sinnvoll darstellen konnte, wird Langeweile zur Öde.

Letzteres lag allerdings auch an der Interpretation des argentinischen Gastdirigenten Pedro Ignacio Caldern. Abgesehen davon, daß es viele Ungenauigkeiten gab, fehlten durchgehend Aspekte, die das 1939 entstandene, ambivalente Werk inhaltlich verdeutlicht hätten: fahle Klangfarben, beschwörende Rhythmen oder auch bedrängende Übergänge. Und alles muß – Schostakowitsch hatte 1936 seine erste politische Kopfwäsche erfahren – doppelbödig klingen, gewissermaßen eine innere und eine äußere Schicht offenlegen. Diese Aufführung war zwar nicht unbedingt schlecht, doch erklang sie kreuzbrav und an den Möglichkeiten vorbei interpretiert.

Davor das 20 Jahre alte Konzert für Violine und Orchester op. 7 der 1934 geborenen argentischen Komponistin Alicia Terzian. Lassen wir es gelten als virtuose Übung für den ebenfalls argentinischen Geiger Rafael Gintoli, lassen wir es gelten als interpretatorische Ehrung für eine Argentinierin. Doch im Ganzen wartet das Werk bloß mit simpel kontrastierenden Themen und effektheischenden Orchestertutti auf – und ist somit im Staatsorchester-Programm eher deplaziert. Angesichts der Tatsache, daß die Wiedergabe von Werken von Komponistinnen leider noch immer den absurdesten Vorurteilen unterliegt, sollte man die Qualitätskriterien besonders hoch hängen. Das geschah hier nicht. Mäßiger Beifall und Vorfreude auf die neue Glocke. Ute Schalz-Laurenze