Das Portrait
: Politikerin aus Freude

■ Sabine Nitz-Spatz

Es war vor einem Jahr. Die Krankheit setzte ihr schon heftig zu, auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ. Sie nutzte ihre Bekanntheit als frühere Gesundheitsstadträtin der Grünen frech aus, um einen Termin beim damaligen Berliner Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) zu ergattern. Jener hätte das Treffen beinahe platzen lassen, als sie nicht allein kam, sondern mit dem gesamten Vorstand der Selbsthilfegruppe „Cannabis als Medizin“. Aber das traute sich der Senator dann doch nicht, und die zierliche Frau mit den roten Kugelbäckchen freute sich diebisch. Außer ein paar wohlwollenden Floskeln kam zwar nichts heraus, aber immerhin hatte sie es versucht.

Sabine Nitz-Spatz starb am vergangenen Sonntag im Alter von 40 Jahren an einem bösartigen Rückenmarkstumor. 1993 erfuhr sie die verhängnisvolle Diagnose. Sie zog sich drei Monate zurück, um ihr Leben „neu zu ordnen“ und kehrte dann mit noch größerem Elan in ihr Amt als Gesundheitsstadträtin im Berliner Bezirk Tiergarten zurück. „Ich wollte beweisen, daß man auch mit dieser Krankheit aktiv bleiben kann.“

Auch als sie 1995 aus dem Dienst ausschied, wirbelte sie weiter. Als Geschäftsführerin von „Home Care“, einem ambulanten Pflegedienst für schwerstkranke Krebspatienten, oder für Deutschlands erste und bislang einzige Selbsthilfegruppe „Cannabis als Medizin“. Bei der Eröffnungsveranstaltung der Gruppe bekannte sie sich auf dem Podium offen dazu, häufig in Tee aufgelöstes Haschisch zu trinken, weil dies ihre Schmerzen lindere.

Egal was die studierte Ethnologin und gelernte Altenpflegerin in Angriff nahm, Politik war ihr keine qualvolle Pflicht, sondern ein Herzensanliegen. Sie baute Gesundheitsbrigaden für Nicaragua mit auf und stellte in Berlin gegen den hartnäckigen Widerstand der Konservativen den ersten Spritzenautomaten für Junkies auf.

Ihr unverwechselbares Kennzeichen waren ihr Charme, ihre große Fröhlichkeit und Lebenslust. Auch als ihr klar war, daß ihr nicht mehr viel Zeit bleiben würde, trug sie dies mit bewundernswerter Souveränität. Ihr großer Wunsch war, selbst bestimmen zu können, wie sie sterben würde. Kurz vor ihrem Tod gelang es ihr, aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Zu Hause starb sie im Beisein ihrer engsten Angehörigen und Freunde. Plutonia Plarre