■ Soundcheck
: Gehört: Sting und Korn

Gehört: Sting Wenn Sting seinen 3000 Zuschauern im CCH am Dienstag schon nicht mehr als einen unterhaltsamen Abend bot, so lehrte sein Konzert doch eines: Es gibt einen Unterschied zwischen erzwungener Gepflegtheit und authentischem Stil.

Bemüht um ein gepflegtes Ambiente, hatten die Veranstalter für das familiäre Spektakel doch tatsächlich den großen Saal des CCH flächendeckend bestuhlt. Dieser ähnelte dadurch eher einer Melange aus einem Großraumkino, einer Hallenfußball-Arena und dem Studio der ZDF-Hitparade.

Wirklich Stilvolles spielte sich an diesem Abend also nur auf der Bühne ab. In einer Art, wie es außer ihm höchstens Peter Gabriel versteht, zelebrierte sich Ex-Police-Bassist Sting gelungen selbst als Meister der erwachsenen Popmusik: dezent, elegant, charmant. Mit Kurzhaarfrisur und ärmelloser Weste, eher wie sein eigener Bodyguard anmutend, präsentierte sich Sting sowohl als reifer Musiker als auch als weltmännischer Entertainer, der sogar einen Gast zu sich auf die Bühne holt. Hier konnte der gelernte Lehrer auch gleich den Unterschied zwischen echtem und Pseudo-Stil vorführen: Als sein Bühnen-Gast kleinlaut gestand, die neue Single nicht zu kennen, rügte ihn die allwissende Audienz mit lautem „Buh“-Chor.

Timo Hoffmann

Gehört: Korn Daß Korn keine verweichlichten musikalischen Milchbrötchen, sondern eher deftig Vollkorniges anbieten würden, suggerierten am Dienstag bereits die verschärft körperbetonten Eingangskontrollen der Markthalle. Das einzige, was sich jedoch als bedrohlich herausstellen sollte, war die humorlose Selbstverliebtheit der möchtegernkernigen Körnigen selbst. Paradigmatisch verkörperte dies Sänger Jonathan Davis: Gewandet in ein säuberlich auf Sackbehaarungsansatzhöhe positioniertes Strampelhöschen, gefiel sich der Frontmann in schamanenhaft-schlaksigem Gezucke. In der anvisierten Märtyrerhaftigkeit verdeutlichte dies aber nur die Kontingenz der aufgesetzten Selbstinszenierung. Seine Kollegen ergingen sich derweil routiniert in bekannten Obligatorismen des Hardcore-Genres wie grimmigem Headgebange, teilweise noch bepudelmützt.

Auch musikalisch köchelten die Kalifornier ein eher dumpfes Metal-Crossover-Süppchen. Da konnten auch Zutaten wie herbeikonstruierte Dudelsackeinlagen, pseudomeditative Soundsequenzen und pathetische Freeze-Formationen nicht helfen. Die anwesende Adoleszenz störte das jedoch ebensowenig wie die Tatsache, daß das Konzert bereits nach gut einer Stunde beendet war. Diejenigen, die aber das angekündigte „Hardcore-Ereignis des Jahres“ erwartet hatten, durften sich zu Recht aufs Korn genommen sehen.

Christian Schuldt