■ beiseite
: Täter

Das war überfällig: Die Berliner CDU hat ihren Sinn für Sauberkeit entdeckt. Nun soll es ihnen also an den bunten Kragen gehen, den „Schmierereien an den Fassaden“, die man anderenorts auch als Graffiti kennt. Wie CDU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Liepelt vor kurzem bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus erläuterte, sind umfassende Maßnahmen geplant.

Zunächst einmal soll der Elan der Sprayer „ermüdet“ werden. Immer wenn neue Graffiti auftauchen, sollen die Bilder prompt übermalt werden, auf daß sich Frust ausbreite unter den Berliner Jugendlichen. Schwerpunkt der Aktion ist die Stadtautobahn im Abschnitt zwischen Innsbrucker Platz und Spandauer Damm. Dafür seien, so Liepelt, „drei bis vier Millionen Mark“ vorgesehen, das Geld kommt vom Senator für Bauen und Wohnen.

Auch sollen künftig alle öffentlichen Gebäude „gesäubert“ werden. Die dafür notwendigen zusätzlichen acht Millionen Mark gibt auch der Bausenator. Der von der Allgemeinheit finanzierte Kampf gegen Windmühlen hat auch einen Namen. Erfunden hat ihn Ingo Schmitt, Staatssekretär in der Verkehrsverwaltung: Was jetzt anstünde, sei ein „Bündnis für Sauberkeit“. Denn die Kunst der Sprayer habe ungeahnte Auswirkungen auf die ohnehin leicht darniederliegende Psyche der BerlinerInnen, deren „Lebensgefühl durch die Verwahrlosung beeinträchtigt“ werde.

Polizeipräsident Hagen Saberschinsky wiederum bedauerte, daß „Schmierereien“ immer noch „vor Gericht als Bagatelldelikte“ angesehen würden. Schließlich sei das Image der Stadt ein für das Wohl der Stadt nicht unerheblicher Standortfaktor. Als sei damit des Schwachsinns noch nicht genug geredet, hatte Staatssekretär Ingo Schmitt eine weitere Idee. Firmen sollen Patenschaften für Brücken übernehmen. Sie entfernen die Graffiti auf eigene Kosten und können dann dort statt dessen für sich Werbung machen.

Die BVG praktiziert das Prinzip schon seit langem: Die Verkehrsbetriebe lassen von jeher Milka- und Cola-Busse durch die Stadt fahren, U-Bahnen sind von oben bis unten bedeckt mit marktschreierischen Parolen einer Berliner Boulevardzeitung. Aber die Herrschaften haben ja eigentlich recht. So eine schön gemachte Werbung, das hat schon was Sauberes, Klares, Eindeutiges. Sonst könnte doch jeder kommen. Und was die Sprayer angeht: „lebenslänglich“, nicht mehr und nicht weniger.