Die Grünen im PDS-Spagat

■ Unter bündnisgrünen Mitgliedern halten sich Gegner und Befürworter einer Zusammenarbeit mit der PDS die Waage

Eine Mehrheit für eine von der PDS tolerierte rot-grüne Regierungskoalition nach den nächsten Wahlen ist bei den Bündnisgrünen derzeit nicht in Sicht. Fraktionschef Wolfgang Wieland geht davon aus, daß die eine Hälfte der Mitglieder dafür und die andere Hälfte dagegen ist. „Wir haben nach wie vor eine Pattsituation“, stellt Wieland fest. „Dabei geht der Riß quer durch die herkömmlichen politischen Lager.“

Dagegen schätzt Landesgeschäftsführer Michael Wartenberg die Zahl derer, die derzeit für eine Zusammenarbeit mit der PDS stimmen würden, allenfalls auf 30 bis 35 Prozent. Verglichen mit einer Abstimmung vor zwei Jahren hätten die Befürworter eines Bündnisses sogar an Boden verloren. Bei einer Landesdelegiertenkonferenz im Oktober 1995 stimmten vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus immerhin 55 Prozent dafür. Für einen Kooperationsbeschluß reichte es damals dennoch nicht, da wegen der Bedeutung der Abstimmung 60 Prozent Jastimmen erforderlich gewesen wären.

Geschäftsführer Wartenberg gehört mit der Abgeordneten Jeanette Martins und dem Treptower Andreas Schulze zu der Minderheit der Ostberliner Bündnisgrünen, die für ein Bündnis mit der PDS plädieren. Sie setzen darauf, daß sich die PDS weiter wandeln wird. Mit Prüfanträgen im Abgeordnetenhaus solle die PDS bis zur nächsten Wahl gezwungen werden, sich kritisch zur DDR-Vergangenheit zu positionieren.

Doch bei einer Diskussion der grünen Bezirksgruppen Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Lichtenberg am Dienstag abend konnte dieser Vorschlag ebensowenig überzeugen wie ein Angebot des Abgeordneten Bernd Köppl. Köppl, der als entschiedenster Verfechter einer PDS-Kooperation gilt, wollte den Bündnisgrünen aus dem Ostteil der Stadt eine Brücke bauen: In einer rot-grünen Regierungserklärung müßten eine Reihe von klaren Bekenntnissen zu Menschenrechtsfragen und eine eindeutige Kritik an den DDR- Verbrechen formuliert werden. „Wenn die PDS nicht zustimmt, gibt es keine Regierungsmehrheit“, versicherte Köppl. Doch im Saal überwog die Befürchtung, daß die PDS aus purem Opportunismus einer solchen Erklärung zustimmen werde, das Papier letztlich aber wertlos bliebe.

Am Dienstag abend überwogen deutlich die Anhänger der Ablehnungsfront, die sich hinter Marianne Birthler und Sybille Volkholz formiert. Abgesehen von einer belasteten Vergangenheit, sehen viele auch keine Zukunft mit der PDS. „In einer von der PDS tolerierten rot-grünen Regierung wird grüne Reformpolitik zwischen etatistischen Mahlsteinen zerrieben“, befürchtet Sybille Volkholz. Ohnehin bezweifeln Volkholz und Birthler, daß die rechnerische Mehrheit von SPD, Grünen und PDS in eine politische umgemünzt werden könnte. Problematisch sei zudem, daß CDU und PDS von einem solchen Lagerwahlkampf profitieren würden.

Doch eine Antwort bleibt das Lager der Skeptiker schuldig: Wie soll eine dritte Große Koalition verhindert werden, wenn nicht mit Hilfe der PDS? Ebenso, wie die Befürworter in der jetzigen Debatte mit keinem Wort darauf eingehen, daß sie die Rechnung ohne die SPD machen: Die lehnt jegliche Zusammenarbeit mit der PDS kategorisch ab.

Eine Abstimmung über ein PDS-Bündnis noch in diesem Sommer gilt als unwahrscheinlich. So wird auf der Landesdelegiertenkonferenz Anfang Februar das Thema voraussichtlich diskutiert, Beschlüsse sollen aber nicht gefaßt werden. Dorothee Winden