COSI steht für Baresi, LONI für Paolo Maldini

■ Berlusconi nennt Vorwürfe „abstrus“, Milan führe eine schwarze Gehaltsliste

Rom (taz) – Es ist, wie könnte es anders sein, natürlich alles wieder einmal nur Lug und Trug. „Derart abstrus“ findet Silvio Berlusconi das Ganze, daß er „gar nicht drauf antworten mag“. Bei der Sichtung von Unterlagen, die der englische Vermögensberater und Treuhänder der Berlusconi-Auslandsfirma All Iberian, Arthur Anderson, den Ermittlungsrichtern in Mailand ausgehändigt hatte, fand sich unter Bezug auf den Großsportverein Polisportiva Milan auch eine lange Liste mit verschlüsselten Namen und einer jeweils ansehnlichen Dollarzahl so zwischen 300.000 und 15.000.000.

Die Namen waren nicht schwer zu dechiffrieren – man hatte einfach die letzten beiden Buchstaben des Vor- und des Nachnamens zusammengesetzt. Aus Franco Baresi wurde auf diese Weise COSI, aus Claudio Galli IOLI. Es fanden sich neun Fußballspieler des AC Milan, der zur Polisport gehört, sowie ein Volleyballer. Mit dabei – neben Savicevic, Papin, Eriano, De Napoli, Panucci, Tassotti – ist auch Nationalmannschaftskapitän Paolo Maldini (LONI), dessen Vater unlängst als Nachfolger Arrigo Sacchis zum Nationaltrainer avancierte. Notierter Betrag bei Maldini junior: zwei Millionen Dollar. Natürlich wissen die Spieler nichts von dem Geld.

Die Strafverfolger gehen jedoch bösartigerweise davon aus, daß es sich hierbei um Zahlungen handelt, die den Spielern außerhalb der offiziellen, versteuerten Transfersummen und Gehälter übergeben wurden: durchgeführt über Auslandskonten, über die Berlusconi laut Anklage auch allerhand Schmiergelder für Politiker hatte laufen lassen.

Natürlich haben Zahlungen an die eigenen Fußballer nichts mit Korruption zu tun, selbst wenn sie illegal sind – doch eine ansehnliche Anklage wegen Steuerhinterziehung sowohl seitens Berlusconis wie seitens der Spieler würde es jedenfalls setzen, sollte sich der Vorwurf bestätigen.

Für Milan-Eigner Berlusconi wäre all das, würde es gerichtlich bestätigt, ein schweres Desaster: Sein Sportverein war inzwischen die einzige Firma, bei der die Staatsanwälte noch keine Unregelmäßigkeiten gefunden hatten. Berlusconi vermutet denn auch, man wolle ihm, „weil sie sonst nichts finden, nun eben Schweinereien im Sport andichten“. Nun ist es allerdings keineswegs so, daß die Ermittler „sonst nichts“ gefunden hätten; die Chancen in den derzeit laufenden Prozessen stehen denkbar schlecht für Berlusconi.

Um so mehr sucht er daher den Rest seines Images zu retten – wohl notwendig, denn die Fortune hat den AC Milan auch im Spiel verlassen. Seit Sacchi da ist, geht es nur noch bergab, selbst gegen Provinzvereine wie US Cagliari ist allenfalls noch ein Unentschieden drin.

Der einzige Zweifel formuliert sich bisher nur an einer Stelle: Wieso steht ausgerechnet Lentini mit 15 Millionen Dollar zu Buche, der nach seinem Wechsel von Turin vor allem die Ersatzbank gedrückt hat? Die Summe ist derart höher als alle anderen – Papin, als Zweitplazierter, kommt auf 2,9 Millionen, Savicevic gerade noch auf 314.000 Dollar –, daß sie kaum glaubhaft erscheint.

Oder doch? Die Ermittler kramen derzeit in älteren Akten: Vor fünf Jahren, als Lentini mit einem spektakulären Transfer zu Milan gekommen war, hatte die Presse eine Rekordablöse von 80 Millionen Mark kolportiert. Die später aufgrund vermuteter Unregelmäßigkeiten eingeleitete Untersuchung hatte nichts ergeben, außer daß Lentini realiter angeblich wesentlich weniger bekommen hatte – unter anderem, weil ein Teil der Ablöse in Aktien von Berlusconi- Firmen bestand, die damals kaum etwas wert waren.

Auge zu und durch: Silvio Berlusconi Foto: Reuter

Die Mailänder Ermittler nähren nun den Verdacht, daß die Ablösung damals doch höher war, als dann festgestellt – mithilfe der englischen Gelder, die nun hier notiert sind. Ein anderer Verdacht nimmt an, daß man Lentini, der ja alles wußte, auf diese Weise „ruhiggestellt“ hat. Werner Raith