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: Drücker unterwegs in China

Franz Beckenbauer ist die Allzweckwaffe der Unterhaltungsindustrie: Er kann Fußballspiele volkstümlich analysieren, er kann volkstümlich pöbeln, und wenn mal wieder irgendeine Zukunftsvision für die Wachstumsbranche Fußball unter die Leute zu bringen ist, ist er stets der lauteste Marktschreier. Derzeit im Angebot: „Es läuft auf eine Weltliga hinaus.“

Jetzt hat Franz Beckenbauer bewiesen, daß er auch als Drücker seinen Mann steht. Für den Bertelsmann-Konzern, der seine Biographie verlegt, mußte er in China ran, denn das Unternehmen hat dort einen zweistelligen Millionenbetrag in einen Buchklub investiert. Der hat derzeit siebzigtausend Mitglieder, doch weil es in drei Jahren bereits mehr als zwei Millionen sein sollen, hat Bertelsmann nicht nur eine chinesische Übersetzung der Beckenbauer-Biographie ins Repertoire aufgenommen, sondern das „Denkmal“ (Sport-Bild) gleich vor Ort eingesetzt. Offensichtlich ist es dem Konzern sogar gelungen, Beckenbauer zu verklickern, daß in China nichts mehr so ist wie bei seinem letzten Besuch vor zwanzig Jahren, als sich der Fußballer mit verstörenden Eindrücken konfrontiert sah.

„Damals sah jeder in seinem Mao-Anzug gleich aus. Man konnte nicht zwischen Mann und Frau unterscheiden“, erinnert er sich noch heute.

Das chinesische Fernsehen nennt ihn „Kaiser des Fußballs“. Noch. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man ihn als Kaiser von China ankündigt. Die Strategien von Bertelsmann oder Mitsubishi werden ihm sicherlich bald diesen Posten zuschanzen.

In China hat Beckenbauer Sätze gesagt wie: „Der chinesische Fußball ist auf dem rechten Weg.“ Die Nachwuchsspieler seien „sehr beweglich, sehr geschickt am Ball“. Ob er etwas anderes von sich gegeben hätte, wenn er in Bertelsmanns Auftrag in Mosambik oder Mecklenburg- Vorpommern unterwegs gewesen wäre? Wohl kaum. Aber dort werden wahrscheinlich derzeit keine Drücker gebraucht. René Martens