Junge Rechte will in die FDP

Hamburgs Junge Nationaldemokraten haben sich aufgelöst und wollen „in die Gesellschaft“, in den Offenen Kanal und die Liberalen  ■ Von Paula Berrit

Um eine Spaltung zu vermeiden, vollzogen sie die Spaltung: Der Hamburger Landesverband der rechtsextremen Jungen Nationaldemokraten (JN) hat sich aufgelöst. „Raus aus dem Ghetto, rein in die Gesellschaft“, stellt der ehemalige Sprecher Jan Zobel die Weichen in die Zukunft – und weist den Weg in die Gesellschaft: „Wir werden versuchen, Leute in der Hamburger FDP unterzubringen.“

Der Chef der Hamburger Liberalen zeigte sich von der Ankündigung wenig erfreut: „Auf diese Klientel legen wir keinen Wert“, versicherte Frank-Michael Wiegand der taz. „Wir werden neue Aufnahmegesuche daraufhin überprüfen müssen.“ Bislang muß man auf dem Aufnahmeantrag in die FDP nicht angeben, ob man zuvor Mitglied einer anderen Partei war.

Die Liebäugelei mit neuen politischen Betätigungsfeldern ist nicht nur die Folge der Auflösung der Hamburger Jugendorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), sondern auch deren Anlaß. Ein Richtungsstreit zwischen dem Bundesverband und den Hamburger Neonazis über den künftigen Kurs führte zum Austritt aller Mitglieder. „Wir wollen eher Probleme des Volkes ansprechen“, formuliert es Zobel. „Künftig werden wir uns mehr sozialen Themen zuwenden und weniger klassische altrechte Politik betreiben.“ Das aber sei nicht nur die bisherige Linie des Bundesverbandes, sondern auch dessen Vorstellung für die Zukunft. Neben der weiteren Organisation von Gedenkmärschen für den ehemaligen Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß, so plaudert Zobel frei aus dem Nähkästchen, wolle die JN bundesweit verstärkt auf die Ausstellungen des Hamburger Instituts für Sozialforschung über die Verbrechen der Wehrmacht reagieren. So sei für den 1. März eine Demonstration in München geplant.

Die vorerst parteilosen Hamburger Jungrechten wollen lieber mit „sozialen Themen“ an die Öffentlichkeit. Zobel kündigte Sendungen im „Offenen Kanal“ an. Mit dieser inhaltlichen Orientierung scheint die Hamburger Rechte in die Fußstapfen der österreichischen FPÖ des Jörg Haider treten zu wollen.

Diese Tendenz ist schon seit längerem abzusehen. Im vergangenen Jahr organisierte die JN Demonstrationen zur „sozialen Frage“ in Berlin und München. Aus Hamburg und Schleswig-Holstein nahmen nach Schätzung des Verfassungsschutzes 70 bis 80 Rechtsradikale teil. Zobel: „Die Zahlen sind nicht ganz falsch.“

Die Hamburger JN, erst 1994 gebildet, lebte bisher vor allem vom Verbot der FAP und anderer Organisationen aus diesem Spektrum, deren Mitglieder in die JN wechselten – wie etwa der Halstenbeker Neonazi und ehemalige FAP-Spitzenfunktionär André Goertz.

Durch ihn allerdings bekam der Landesverband nicht nur neuen Auftrieb: Er geriet auch bundesweit ins rechte Abseits, als bekannt wurde, daß Goertz mit einer türkischen Frau verheiratet ist. Beobachter der rechten Szene spekulieren, daß der Streit darüber zwischen dem Bundesverband und den Hamburgern der eigentliche Grund für die Auflösung des Landesverbandes ist.